International Centre for Sustainable Development (IZNE)
Gärtnern für den Umweltschutz: Neuer Citizen Science Versuch gestartet
Zur Auftaktveranstaltung am 20. April waren Gärtnerinnen und Gärtner aus der Region Sankt Augustin an die H-BRS eingeladen. Nach einer Einführung zum Thema Bodenfruchtbarkeit und Klimawandel fand ein Do-it-Yourself-Workshop statt, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Experimente mit Proben aus ihrem eigenen Garten machen konnten.
Am Ende der Veranstaltung erhielten die teilnehmenden Gärtnerinnen und Gärtner drei verschiedene Sorten an Jungpflanzen zum Einsetzen in ihre Gemüsebeete. Für den Langzeitversuch senden sie Boden- und (nach erfolgreicher Ernte) Pflanzenproben von Mangold, Brokkoli und Lauch zur Analyse an die Forschenden des Internationalen Zentrums für Nachhaltige Entwicklung der H-BRS. Während des Sommers werden die Teilnehmer:innen durch verschiedene Aktionen wie einem Newsletter und weitere Workshops begleitet, bis sie dann im Herbst das Gemüse ernten. Erste Ergebnisse werden im Herbst 2023 erwartet.
„Durch die direkte Einbindung der Gärtner:innen in die Experimente entsteht ein Austausch auf Augenhöhe. Da wir nun über mehrere Wochen und Monate zusammenarbeiten, entsteht ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Forschung und Praxis. Eine bessere Grundlage für den beidseitigen Wissenstransfer gibt es nicht.”
Prof. Dr. Martin Hamer, Professor für Böden und Biomasse/ Geschäftsführer des Internationalen Zentrums für Nachhaltige Entwicklung (IZNE)/ Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften
Im Mittelpunkt des Workshops stand der Gartenboden als nützlicher Klimaschützer. Die Teilnehmenden konnten mit den Forschenden in DIY-Experimenten mit Proben aus ihrem eigenen Garten etwa den pH- und Nitrat-Wert im eigenen Gartenboden und in Substraten, so wie die Kompostqualität bestimmen. Dabei lernten sie, welche Auswirkungen zu hohe oder zu niedrige Werte für den Boden und die Fruchtbarkeit des Bodens haben.
Der pH-Wert gibt den Säuregehalt eines Bodens an und reguliert, gemeinsam mit der Bodenart, die Fruchtbarkeit des Bodens. Verschiedene Bodentypen haben aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften unterschiedliche pH-Werte, sodass sie als Standort für bestimmte Pflanzen mehr oder weniger geeignet sind. Für jede Bodenart (Sand, Lehm, Ton) gibt es bestimmte pH-Werte, die angestrebt werden sollten.
Weicht der gemessene pH-Wert vom optimalen Wert ab, hat dies einen negativen Einfluss auf die Bodenstruktur und die Verfügbarkeit von Nährstoffen, wie Stickstoff oder Phosphor, die für eine gesunde Pflanzenentwicklung essentiell sind. Darüber hinaus werden beispielsweise Schwermetalle wie Arsen, Blei oder Cadmium bei einem geringen pH-Wert mobil und können von Pflanzen aufgenommen werden.
Liegt der gemessene pH-Wert unterhalb der empfohlenen Werte, dann ist der Boden zu sauer und der pH-Wert sollte mit Hilfe einer Kalkung erhöht werden. Ein deutlich zu hoher pH-Wert kann durch Ausbringen von Torfersatzstoffen, Kaffeesatz oder saurem Kompost (z.B. Laub- oder Nadelholzkompost) gesenkt werden.
Pflanzen benötigen Stickstoff (N) zum Aufbau von Proteinen. Eine ausreichende Versorgung mit Stickstoff ist also unerlässlich für gute Ernteerträge. Auf der anderen Seite kann ein Übermaß an Stickstoff gravierende Auswirkungen auf die Umwelt haben (z.B. als Nitrat im Grundwasser oder in Form einer Eutrophierung von Oberflächengewässern).
Stickstoff kann – je nach pH-Wert, Bodenart usw. – in Form von Ammonium (NH4 +), Nitrat (NO-) oder Nitrit (NO2-) vorliegen. Einige Pflanzen können überschüssiges Nitrat einlagern und Nitrat kann im Boden und im menschlichen Körper in das giftige Nitrit umgewandelt werden. Eine Bestimmung des Nitratgehaltes von Böden erlaubt Rückschlüsse auf die allgemeine Stickstoffversorgung und kann auch aus gesundheitlichen Aspekten durchaus sinnvoll sein.
Kompostmaterial ist ein wertvoller Recyclingdünger, der sich hervorragend eignet um die Bodenqualität und –Fruchtbarkeit zu fördern. Bei der Eigenkompostierung werden in der Regel offene Komposthaufen oder Kammersysteme im Garten angelegt. Im Handel erhältliche geschlossene Behälter (z.B. Schnellkomposter, Thermokomposter) eignen sich besonders für kleine Gärten.
Bei optimaler Mischung und Schichtung und unter günstigen Rottebedingungen erhält man schon nach wenigen Monaten eine dunkle, krümelige und angenehm riechende Komposterde. Ob der Kompost reif ist kann man ganz einfach mithilfe eines Kressetests bestimmen. Kresse reagiert nämlich sensibel auf hohe Nährstoffgehalte oder sonstige Störungen im Substrat und ist somit ein ausgezeichneter Bioindikator für die Pflanzenverträglichkeit von Erden und Substraten.
Prof. Dr. Martin Hamer und Dr. Alexandra Gutmann gaben den Teilnehmenden abschließend noch Pflegetipps für Ihre Jungpflanzen: Regelmäßig gießen, Pflanzen vor Schädlingen (etwa Schnecken oder Kohlfliegen) schützen, regelmäßig Unkraut jäten und an heißen Tagen morgens gießen.
Wir wünschen allen teilnehmenden Gärtnerinnen und Gärtnern viel Spaß bei dem Citizen Science Versuch und bedanken uns für ihre Teilnahme!
„Die engagierten Gärtner:innen waren begeistert von dem Thema und unserem Workshop. Durch die Arbeit mit ihnen konnte ich mein eigenes Forschungsprojekt nochmal aus anderen Augen sehen und bin aufs Neue von dessen Relevanz überzeugt. Es ist wichtig, dass wir nicht vergessen, dass man auch mit kleinen Taten einen Beitrag leisten kann und wir mit dem Boden unserer eigenen Haus- und Schrebergärten schon einen prima Klimaschützer direkt vor der Tür haben. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse des Versuchs und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Gärtner:innen.”
Dr. Alexandra Gutmann, Postdoktorandin an der Johannes Gutenberg-Universität und am Max-Planck-Institut
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Martin Hamer
Professor for soils and biomass, Director of the International Centre for Sustainable Development (IZNE), Department of Applied Natural Sciences
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