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Roberta Hodel: Jede und jeder kann Mathe lernen

Roberta Hodel Porträt Wissenswert 11112024

Sunday 10 November 2024

Ein Talent für die Naturwissenschaften und insbesondere Mathematik hatte Roberta Hodel schon in der Grundschule. Mit Begeisterung widmete sie sich allem, was mit Zahlen zu tun hatte, löste Gleichungen und suchte nach Mustern und Strukturen. Dass sie viele Jahre später ihre Berufung in der Vermittlung dieser Leidenschaft entdeckte, hat auch mit einer nicht ganz perfekten Prüfung zu tun.

Wenn Roberta Hodel über Mathematik spricht, leuchten ihre Augen. Sie gestikuliert mit beiden Händen, schnipst mit den Fingern, zeichnet ein Koordinatensystem in die Luft: „Alles ist Mathematik“, sagt die Hochschullehrerin. „Ob eine Rechenaufgabe oder die Grammatik einer Sprache: Das sind alles Strukturen und Regeln, die man erkennen und lernen kann“, so Hodel. Diese Strukturen oder Muster zu erkennen, sei ihr immer leichtgefallen. Schon als Kind habe sie großen Spaß am Rechnen gehabt: „Das ist wie eine Sucht bei mir gewesen. Ich habe viele Aufgaben gemacht, Formeln umgestellt und es war immer eine Befriedigung zu sehen: Oh, da kommt was raus“, erinnert sie sich.

Hodel wuchs als Tochter deutscher Eltern im rumänischen Reșița (deutsch: Reschitz) auf. In dem kommunistischen System wurde großer Wert auf Fleiß und Leistung gelegt. „Wie Tetris“ habe sich das Umstellen von Formeln irgendwann angefühlt, sagt Hodel heute. Doch bei einer Prüfung zeigte sich, dass ihr das nicht ausreichte. Sie wollte nicht nur rechnen, sondern wirklich verstehen, warum sie eine bestimmte Methode anwendet – etwas, das ihr Lehrer im Unterricht nie erklärt hatte. Als Konsequenz suchte sich die Einserschülerin eine Nachhilfelehrerin: „Der habe ich dann gesagt: So, ich möchte jetzt verstehen, warum das so ist. Und so bin ich dann in der zehnten Klasse quasi reingerutscht in die theoretische Mathematik“, sagt sie.

Frühzeitige Unterstützung für ein erfolgreiches Studium

Dieses Vorwissen sollte Hodel Jahre später zugutekommen. Zunächst hatte sie noch in Rumänien ein Maschinenbau-Studium begonnen, inhaltlich eine Mischung aus ihren Lieblingsfächern Mathematik, Physik und Chemie. Nach dem Zerfall des Ostblocks wanderte die Familie nach Deutschland aus, wo sich Hodel schließlich für ein Mathematik-Studium an der RWTH Aachen entschied. Als studentische Hilfskraft half sie Maschinenbau-Studierenden bei ihren Aufgaben und entdeckte ihre Begeisterung für die Lehre.

Dennoch führte ihr Weg von der Universität zunächst in die freie Wirtschaft, wo sie bis zur Geburt ihrer beiden Kinder als Projektmanagerin tätig war. Da ihr Arbeitgeber ihr bei einer Rückkehr eine flexible Tätigkeit im Homeoffice verwehrte, verließ sie jedoch nach der Elternzeit das Unternehmen und begann einen Job als Vertretungslehrerin an einer Berufsschule, wo sie zukünftige Maschinenbau- und Elektrotechnik-Studierende in Mathematik unterrichtete.

Sie erkannte, dass die Schülerinnen und Schüler trotz Fachabitur später Schwierigkeiten haben würden, im Studium zu bestehen: „Zum Glück bin ich dann auf StartGut an der H-BRS gestoßen“, erinnert sich Hodel. Das Projekt richtete sich spezifisch an Studierende, die durch ihre Bildungsbiografie ein erhöhtes Risiko für einen Studienabbruch hatten. In Vorkursen bereitete Hodel sie fortan auf ihr Studium am heutigen Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Kommunikation (IWK) vor.

Hodel ist davon überzeugt, dass prinzipiell jede und jeder Mathematik erlernen kann. Entscheidend sei es aber, dass die Inhalte auch so vermittelt werden, dass man sie versteht: „Wir alle lernen sehr unterschiedlich. Es hat mich früher geärgert, wenn jemand gesagt hat ‚Das muss man nicht erklären, das ist trivial‘. Das stimmt nicht. Ich kann mich zum Beispiel nicht erinnern, dass mir jemals jemand erklärt hat, dass man ein Koordinatensystem von links nach rechts liest. Das ist aber wichtig und man sollte verstehen, dass nichts selbstverständlich ist“, sagt Hodel.

Es geht um Vertrauen

Aus StartGut ging nach dem Vorbild des Fachbereichs Angewandte Naturwissenschaften die Studierwerkstatt des Fachbereichs IWK hervor, in der Hodel bis heute Studierende unterstützt – nicht nur in Mathematik: „Mathe ist ein Werkzeug, dass man in vielen Fächern benötigt. Wenn man erstmal die Theorie verstanden hat, werden die anderen Inhalte viel einfacher“, sagt die Hochschullehrerin.

Doch nicht nur Fachliches kann in der Studierwerkstatt thematisiert werden: „Ich möchte den Studierenden vermitteln, dass sie mir vertrauen können. Es ist wichtig, dass man sich wohlfühlt, wo man arbeitet oder lernt. Dazu möchte ich etwas beitragen. Deshalb engagiere ich mich auch als Vertrauensperson und in der Gleichstellung im Fachbereich“, sagt Hodel.

Neben der fächerübergreifenden Unterstützung sowie der Arbeit als Vertrauensperson und stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte ist Hodel seit 2022 als Lehrkraft für besondere Aufgaben für die Fächer Elektrotechnik und nachhaltige Ingenieurwissenschaften aktiv. Auch hier geht es ihr darum, ihre eigene Begeisterung für die Mathematik weiterzugeben: „Ich denke, dass die Studierenden merken, dass ich mit dem ganzen Herzen dabei bin und dass ich auch wirklich möchte, dass sie weiterkommen und ihr Studium schaffen“, sagt sie.

 

Text: Pascal Schröder

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