Language Centre

James Chamberlain: Vermittler zwischen Kulturen

Friday 8 April 2022

James Chamberlain hat vor fünf Jahren etwas getan, das im Berufsleben eher ungewöhnlich ist: Er ist auf der Karriereleiter nach unten gestiegen – und das aus freien Stücken. Seitdem widmet sich der ehemalige Leiter des Sprachenzentrums ausschließlich seiner großen Leidenschaft: der Lehre. Neben dem Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen lernen Beschäftigte und Studierende in seinen Kursen auch viel über kulturellen Austausch und menschliche Kommunikationsformen.
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Eine Sprache zu beherrschen, bedeutet viel mehr, als sich verständigen zu können. Über die Sprache öffnet sich ein neuer Zugang zur Welt, sie ermöglicht einen Einblick in ganz andere Denkmuster. Diese Öffnung für unbekannte Kulturen und Sichtweisen ist es, die Chamberlain antreibt und begeistert. Der Hochschullehrer wuchs am Ufer des Lake Pepin im US-Bundesstaat Minnesota auf. Am Saint Olaf College in Northfield schrieb er sich zunächst für das Fach Musikwissenschaften ein. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, was er beruflich einmal machen möchte. Was hierzulande häufig als fehlende Zielstrebigkeit gilt, ist in den Vereinigten Staaten Teil des Systems: „In den USA unterscheidet man stärker als in Deutschland zwischen der zweckgebundenen Ausbildung und der formalen Bildung. In der Tradition der Liberal Arts studiert man, um sich zu bilden. Besonders bei der Auswahl von Führungskräften honorieren Arbeitgeber es, wenn man sich im Studium bemüht hat, über den Tellerrand zu blicken und möglichst viele Erfahrungen zu sammeln“, sagt der Experte für interkulturelle Kommunikation.

Nach drei Semestern wechselte er zu den Fächern Deutsch und Theologie. Seine Liebe zu Deutschland begann bereits in der Schulzeit, als er bei einem Austausch im Süden des Landes zu Gast war. Besonders Konstanz begeisterte den jungen Amerikaner: „Die Geografie am Bodensee hat mich an Minnesota und den Lake Pepin erinnert. Ich habe mich direkt zu Hause gefühlt. Außerdem habe ich die Menschen als sehr aufgeschlossen und kultiviert erlebt, während Deutschland im Vergleich mit den USA technologisch - es waren die 1970er – noch eher rückständig war. Dieses Nebeneinander hat mich fasziniert“, sagt Chamberlain. Für ein Auslandssemester kehrte er später zurück nach Baden-Württemberg und verliebte sich erneut: in seine spätere Frau, mit der er nun bereits seit über 30 Jahren verheiratet ist.

Neben Deutschland lernte er im Studium noch einige andere Länder und Kulturen kennen: „Ich war längere Zeit in Israel und in England. Außerdem habe ich an der Université de Caen Französisch studiert. Dort habe ich auch Kochen gelernt – und eine bewusstere Art des Essens“, erinnert er sich. Die Sprache wurde zum Werkzeug, mit dem er sich tief in ihm unbekannte Kulturen hineindenken konnte: „Ich merkte irgendwann, dass mir Übersetzungen nicht mehr genügten. Ich wollte nicht die Interpretation eines Textes lesen, sondern das Werk selbst, und so die Autoren besser verstehen“, sagt Chamberlain.

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Die Begeisterung für Fremdsprachen und interkulturelle Kommunikation ließen ihn fortan nicht mehr los. Im Master spezialisierte er sich auf die Fächer Deutsch und angewandte Linguistik, letzteres ist ein speziell auf die Sprachenlehre zugeschnittener Studiengang. Nach seinem Abschluss kehrte er zurück nach Deutschland und baute in Stuttgart eine private Sprachschule auf. Zu dieser Zeit gewann die Sprachenlehre auch an deutschen Hochschulen an Bedeutung. Chamberlain erkannte die Möglichkeit, eigene Lehrkonzepte einzubringen und wechselte in den öffentlichen Dienst.

An den Fachhochschulen Heilbronn und Aalen half er dabei, das Sprachenprogramm zu erneuern. Nachdem seine befristete Stelle an der FH Aalen ausgelaufen war, hatte er Jobangebote von zwei Hochschulen. Den Ausschlag für die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg gaben dann die Studierenden: „Ich musste an beiden Hochschulen einen Probeunterricht abhalten. In Sankt Augustin saßen mir junge und aufgeweckte Studierende mit hervorragenden Sprachkenntnissen gegenüber, und das, obwohl diese im Gegensatz zu den Kursteilnehmern an der anderen Hochschule keine Anglisten waren“, sagt Chamberlain.

Neben den Studierenden waren es die Hochschulleitung und die Beschäftigten, die dazu beitrugen, dass der Kommunikationsexperte nun schon seit 24 Jahren an der H-BRS lehrt. „Von Anfang an haben wir Beschäftigte des Sprachenzentrums eine unglaubliche Wertschätzung für unsere Arbeit erfahren. So wurde etwa die interkulturelle Kommunikation zum Pflichtkurs in manchen Studiengängen. In nahezu allen Bachelorstudiengängen ist die Sprachenlehre im Lehrplan verankert. Darüber hinaus nutzen viele Studierende das breite Angebot des Sprachenzentrums für Wahl- und Zusatzfächer. Dass die Sprachenlehre so einen hohen Stellenwert hat, ist äußert selten“, sagt er.

Unter der Leitung des US-Amerikaners wuchs das Sprachenzentrum auf 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 65 Lehrbeauftragte an, die zu Hochzeiten in einem Semester 16 verschiedene Fremdsprachen unterrichteten. „An der Hochschule herrschte unter den Beschäftigten von Anfang an eine tolle Can-Do-Atmosphäre. Gliederungsübergreifend wurde versucht, alles möglich zu machen, wofür es Bedarf gab“, erinnert sich der Sprachenlehrer. In Einklang mit dem Liberal-Arts-Konzept hat das Sprachenzentrum auch kulturelle und gesellschaftliche Themen im Angebot. Im Studium Generale bietet Chamberlain gerade jeweils einen Ethik- und einen Philosophiekurs an. Letzterer trägt den Titel „Global Philosophy – How the world thinks“ und behandelt unterschiedliche Philosophiekonzepte rund um den Globus.

Nach vielen Jahren als Leiter des SPZ trat er 2017 von seinem Posten zurück, um sich stärker der Lehre und weniger dem Management widmen zu können. Jeannette Bergmann, langjährige Mitarbeiterin und bereits zuvor stellvertretende Leiterin des Sprachenzentrums, konnte für seine Nachfolge gewonnen werden. „Ich hatte das Gefühl, dass ich für die neuen Herausforderungen nicht mehr der Richtige war. Glücklicherweise hatte ich mit Jeannette Bergmann eine hervorragende Kollegin, die über die nötigen Kompetenzen verfügt, um das Sprachenzentrum auch in Zukunft erfolgreich zu führen“, sagt Chamberlain.

An Projekten wird es dem US-Amerikaner wohl nie mangeln: Schon seit mehreren Jahren besucht er an der Volkshochschule einen Kurs in Altgriechisch. Und bald möchte er auch noch Arabisch lernen.

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Pascal Schröder

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