Centre for Ethics and Responsibility (ZEV)
Ulrike Klinger: Hinter dem Algorithmus - Der Vortrag
Maschinen faszinieren und verängstigen die Menschen gleichermaßen. Um mit dem Widerspruch umzugehen, vermenschlichen wir sie. Mit dieser Einstellung begegnen wir auch unseren digitalen technischen Assistenten. Die Wenigsten sind sich aber bewusst, dass vielen Abläufen bereits automatische Entscheidungsprozesse vorgeschaltet sind, die auf unseren Verhaltensweisen basieren.
„Algorithmen sind weder neutral noch objektiv. Wir nehmen das nur wahr, wenn Dinge wirklich schiefgehen. Allerdings müssen wir davon ausgehen, dass dies die Regel ist und nicht die Ausnahme“, so Klinger. Denn die Profession der Programmierer spiegelt nicht die Diversität unserer Gesellschaft wieder. Beispielsweise war die Informatik früher von Frauen geprägt, während sie heute eine Männerdomäne ist. Hinzu kommt, dass unsere Verhaltensdaten, die die Grundlage für automatisierte Entscheidungsprozesse darstellen, bestehende gesellschaftliche Ungerechtigkeiten in sich tragen. „Die Hoffnung, dass Ungerechtigkeit durch die Digitalisierung abgeschafft wird, funktioniert nicht, sondern Ungerechtigkeit wird durch bestimmte Algorithmen auch verfestigt“, so Klinger. Diskriminiert ein Algorithmus, reagieren die Anbieter oftmals mit der Begründung, dass der Algorithmus Schuld sei. Dabei liegt die Ursache hinter dem Algorithmus: bei den Akteuren und deren Geschäftsmodellen.
Wir müssen uns viel mehr damit befassen, wer am Anfang der Algorithmen steht und mit welchen Werten, Normen und Zielen sie entwickelt wurden. Ulrike Klinger verdeutlichte dies eindrücklich am Beispiel von Fake News. Sie verbreiten sich schneller und weiter als die Wahrheit. Eine Ursache dafür ist, dass Plattformen so gestaltet sind, dass wir möglichst viel Zeit auf ihnen verbringen. Extreme Inhalte locken uns an und wecken unser Interesse. Mit Fake News lässt sich auch viel Geld verdienen und die Aufmerksamkeitsökonomie hinter den Plattformen begünstigt ihre Verbreitung.
Für immer mehr Menschen ist das Internet Hauptnachrichtenquelle. Die Idee, dass alle die gleichen Informationen bekommen, ist heute nicht mehr gültig. Suchmaschinen und Newsfeeds sind hochgradig personalisiert. Uns muss klarwerden, dass hinter Algorithmen vor allem ökonomische oder politische Interessen stehen. Wir reden zwar viel über die digitale Gesellschaft - aber meist nur über die technische Seite. „Die Gesellschaft dient aktuell der Technik, dabei sollte die Technik der Gesellschaft dienen“ so Klinger.
Hinweis: Zur Veranstaltung von Ulrike Klinger gibt es kein Video und auch keine Audio-Aufzeichnung.