Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Kommunikation
Ingenieure ohne Grenzen Challenge: Studierende überzeugen mit Konzept für Trockentoiletten in Sierra Leone


Saubere Toiletten sind für uns selbstverständlich – für viele Menschen im ländlichen Sierra Leone in Westafrika jedoch noch nicht. Nach einem langen Bürgerkrieg und der Ebola-Epidemie sind dort Durchfallerkrankungen und Cholera weiterhin verbreitet. Und so stand die diesjährige Ingenieure ohne Grenzen Challenge des Ingenieure ohne Grenzen e.V. im Zeichen von WASH (Wasser, Sanitärversorgung, Hygiene). Nach erfolgreichen Projekten an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen sollen nun nachhaltige Trockentoiletten, sogenannte UDDTs (urine-diverting dry toilets), für den Einsatz in Privathaushalten angepasst werden. Diese Toiletten trennen Urin und Fäkalien, ermöglichen eine umweltfreundliche Entsorgung und die Nutzung von Kompost als Dünger.
Wie das Ganze unter erschwerten Rahmenbedingungen wie kein fließendes Wasser und fehlender Zugang zu Strom funktionieren kann: Dieser Herausforderung stellten sich im vergangenen Wintersemester elf Studierende der Ingenieur-Studiengänge im Fachbereich IWK an der H-BRS.

Realistische Lösungen für wenig Geld
Technische Lösungen entwickeln, die den örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen entsprechen, ohne anderen Menschen dabei westliche Standards aufzudrücken: Dabei müssen Aspekte wie begrenzter Platz, niedrige Kosten und die Ausbildung der Bevölkerung berücksichtigt werden. Ziel ist es, eine praktische und nachhaltige Sanitärversorgung zu schaffen, die langfristig die Lebensqualität der Menschen verbessert. Max, Student der Nachhaltigen Ingenieurwissenschaft im dritten Semester, fragte sich vor Projektbeginn, inwiefern die nachhaltige Verbesserung der Hygiene-Situation in den ländlichen Gebieten von Sierra Leone tatsächlich umgesetzt werde: "Dabei war mir persönlich sehr wichtig, dass unser Projekt von Beginn an darauf abzielt, ein Design zu bieten, welches für die Menschen in der Anwendungsregion tatsächlich umsetzbar ist, ohne teure Werkzeuge, Baumaschinen und Fachpersonal."
Da das Budget der Bevölkerung vor Ort ein begrenztes ist, spielt die Nutzung lokaler Materialen eine wichtige Rolle, um Kosten einzusparen und das Toilettensystem nachhaltig in Privathaushalten zu implementieren. Selbstgestecktes Ziel der Studierenden: eine Toilette unter 100 Euro. Da lohnte es sich auch schon einmal, kreativ zu werden - und so wurden die Außenwände der Toilettenanlage aus gewebten Ästen geplant. Die einzelnen Elemente der Toilette wurden am 3D-Drucker entworfen und ausgedruckt, um das Modell möglichst realistisch aufzubauen.




Hygieneaufklärung durch Bilder und Videos
Doch nicht bloß die Konstruktion der Sanitäranlage war Bestandteil der Challenge. Eine weitere, eher didaktische Herausforderung stellte die Frage dar, wie das Modell und die Hygienemaßnahmen zur Eindämmung und Prävention von Krankheiten der ländlichen Bevölkerung nähergebracht werden kann. Da viele Menschen dort weder lesen noch schreiben können, entwickelten die Studierenden Schulungsmaterial in Form von Piktogrammen für Erwachsene und Kinder zur Nutzung und Instandhaltung der Sanitäranlagen.
Die Ergebnisse ihres Projekts fassten die angehenden Ingenieure und Ingenieurinnen in einem Video zusammen. Insgesamt wurden 21 Video-Beiträge mit Lösungsvorschlägen zur Ingenieure ohne Grenzen Challenge eingereicht. Der Entwurf des Teams der H-BRS überzeugte die Jury durch "gute Funktionalität und ein gut nachbaubares Design sowie die Nutzung lokaler Materialien".
Hagen und Max erklären das Konzept der Trockentoilette im Video


Teamwork, kreative Freiheit und Zukunftsvisionen
Im Projekt kamen Studierende aus den Studiengängen Nachhaltige Ingenieurwissenschaft, Maschinenbau und Elektrotechnik zusammen und lernten die Vorzüge der Arbeit in einem interdisziplinären Team kennen. Hagen studiert im dritten Semester Elektrotechnik und schätzt das Teamwork und die kreative Freiheit in diesem Projekt sehr. So könne jeder und jede ihre Skills einbringen. Auch Nachhaltige Ingenieurwissenschaft-Student Max war überrascht, wie viel Projektmanagement hinter einer solchen Konzeption stecke. Marija, Drittsemester-Studentin der Nachhaltigen Ingenieurwissenschaft, sieht neben dem sozialen Aspekt der Entwicklungshilfe auch Zukunftsperspektiven für Deutschland und Europa hinsichtlich des Klimawandels und möglicher Wasserknappheit in diesem Konzept.

Auch aufgrund der großen Nachfrage wird das Projekt im kommenden Wintersemester erneut angeboten und steht allen Studierenden des Fachbereichs offen. Frank Dieball, Projektleiter an der H-BRS, wünscht sich für die Teilnahme an der nächsten Challenge auch explizit Studierende aus den Kommunikationsstudiengängen des Fachbereichs, die insbesondere bei der Aufbereitung der Ergebnisse und Entwicklung der Schulungsmaterialien unterstützen können.
Der Ingenieure ohne Grenzen e.V. ist, ähnlich wie Ärzte ohne Grenzen, eine gemeinnützige und unabhängige Organisation der Entwicklungszusammenarbeit. Neben technischen Lösungen in Bereichen wie Wasser- und Energieversorgung, Infrastruktur und Schulen, engagiert sich der Verein auch in der Bildungsarbeit in den Bereichen MINT, Globales Lernen und Integration. Der Verein betreut die Studierenden eng durch regelmäßige Videosprechstunden in den Projektwochen, bei denen jemand vor Ort Fragen der Studierenden beantwortet.
Von Seiten des Fachbereichs IWK wurde das Projekt von Frank Dieball, Professorin Stefanie Meilinger und Professor Johannes Geilen betreut. Weitere Unterstützung kam auch aus dem Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE) der H-BRS.
Text: Juliane Orth
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Beratung zur Studienoption Lehramt für Ingenieure (Projekt AGORA) , KLUGER Transfer - Klima - Umwelt - Gesundheit - Transfer , Ingenieure ohne Grenzen Challenge (IoGC)
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