Kommunikation und Marketing
Online-Semester hat bereits Fahrt aufgenommen
Den Verantwortlichen in Präsidium und Fachbereichen war schon sehr früh klar, dass der Start in die Lehrveranstaltungen für das Sommersemester 2020 in Form von Präsenzlehre am 20. April ungewiss ist, wenn nicht unwahrscheinlich sein wird. Glücklicherweise steht mit „Lernen und arbeiten online (LEA)“ eine Plattform bereit, auf der schon vorher nahezu 95 Prozent der Lehrveranstaltungen abgebildet sind. Professoren und Dozenten legen in ihren Kursen Skripte, Videotutorials oder anderes Arbeitsmaterial für die Studierenden dort ab, manchmal auch eine komplette Vorlesung. Die Studierenden wiederum können ihre gelösten Aufgaben und weitere Leistungen hochladen. Auch ein unmittelbarer Austausch zwischen Professor und einzelnen Studierenden ist möglich.
Die H-BRS ist eine Präsenzhochschule und legt großen Wert auf den persönlichen Austausch mit den Studierenden. Aber selbstverständlich wird die Digitalisierung auch in der Lehre positiv gesehen und ihr Ausbau ist strategisches Ziel der Hochschule. So nutzen nicht wenige Professorinnen und Professoren schon seit längerer Zeit unterschiedliche digitale Werkzeuge, um die Lehre effizienter zu machen und mehr Zeit für vertiefende Diskussionen zu haben. Ein Beispiel ist das „flipped classrom“-Modell: Studierende müssen sich hier den Lehrstoff zunächst selbst erarbeiten, erst dann wird darüber diskutiert, werden Fragen beantwortet, Lösungen besprochen und vieles mehr. Das breite Interesse an den didaktischen Möglichkeiten führte 2018 zur Gründung des Zentrums für Innovation und Entwicklung in der Lehre (ZIEL).
Einige Beispiele kurz vorgestellt
„In der jetzigen Situation“, so erklärt Prof. Dr. Iris Groß, Vizepräsidentin für Lehre, Studium und Weiterbildung, „geht es vor allem darum, mit einfachen Mitteln gut strukturierte Angebote zu schaffen.“ Wichtig sei dabei, dass die Kurse von den Studierenden auch später noch alleine genutzt werden können, insbesondere, weil eine Live-Datenübertragung auch mal an der Technik scheitern kann und auch Studierenden zuliebe, die aktuell kleine Kinder zu betreuen haben. Sie selbst, Professorin unter anderem für Technische Mechanik, hat ihrem Kurs mit der Gitarre am Küchentisch über die Kamera am Laptop und einer Videokonferenz-Software die Grundbegriffe der Schwingungslehre mittels der Gitarrensaiten erklärt. Ein Dutzend Studierende waren virtuell anwesend und haben mitdiskutiert. „Es war genauso viel Kommunikation wie in einer Präsenzvorlesung“, erzählt Groß. „Über die Konferenz-App habe ich meinen Bildschirminhalt mit den Studierenden geteilt und sie konnten das mitschreiben, was ich bei mir am PC gezeichnet und geschrieben habe.“ Dazu wurde später ein Video zur Verfügung gestellt. Groß weiß von Kollegen, dass bei großen Gruppen die Mikrofone eher ausgeschaltet sind und parallel ein Chat für Fragen und Antworten geöffnet ist.
Einige Professoren haben erstmalig ihre Lehrveranstaltung online durchgeführt. So bezeichnet Prof. Dr. Michael Heinzelmann seine Veranstaltung zu Werkstoffauswahl und Leichtbau als „sehr improvisiert“, sie ist sozusagen von heute auf morgen entstanden. Mathematik- und Informatikprofessorin Irene Rothe war nach ihrer Premiere mit 94 Studierenden zufrieden und müde und vor allem sagt sie: „Ich bin begeistert von der Technik!“
Von Open Source bis selbst gemacht
Die Lehrenden diskutieren miteinander über die technischen Möglichkeiten: über Screencasts, Slack Workspace zum Chatten über Github Classroom für Programmierpraktika, über Tutorials sowie ganz unterschiedliche Apps und Programme für Videokonferenzen. Nicht jedes technische Hilfsmittel ist gleichermaßen für die Besonderheiten von Lehrinhalten geeignet. Eine Live-Vorlesung kommt der bisherigen Arbeitsweise zwar am nächsten, aber wie stellt man sicher, dass alle Studierenden erreicht werden? Hier wird noch viel ausprobiert und diskutiert.
Auf Audio setzt schon länger Informatikprofessor Manfred Kaul. Er nutzt eine Lern-App aus dem Projekt „Work& Study“, das vom Bundeswissenschaftsministerium gefördert wurde. Es gibt Folien zum individuellen Blättern mit je einer kurzen Audio-Spur, bei schwierigen Sachverhalten wird die Folie manchmal durch ein Erklärvideo, ein Quiz oder eine andere App ersetzt. Für Fragen ist eine Chatfunktion enthalten, dazu gibt es Übungsblätter oder personalisierte Semesterprojekte für Gruppenarbeit.
Ingo Groß arbeitet mit seinen Studierenden auf einem eigenen Server mit sogenannter freier Software und ermöglicht den Studierenden in einer Live-Veranstaltung, ihr Praktikum in Automatisierungstechnik in digitalen Zweiergruppen von zu Hause aus durchzuführen. Mit persönlicher digitaler Betreuung, wenn bei der Bearbeitung von Aufgaben Probleme auftauchen.
Auf Effizienz ganz anderer Art setzen Andrea Schröder und Sandra Rohleder, zwei Juristinnen, die unter normalen Umständen in Rheinbach und Sankt Augustin getrennt voneinander lehren: Ihre vier Veranstaltungen zu Zivilrecht mit 250 Studierenden haben sie in einer gemeinsamen digitalen Lehrveranstaltung zusammengefasst. Die Studierenden müssen auch in diesem Fach vorarbeiten und anhand eines Videocasts des vergangenen Semesters ein eigenes Skript erstellen. Mittels Instant Messenger kommunizieren die Dozentinnen unmittelbar mit den Studierenden. In Kürze wird es Videokonferenzen mit kleineren Arbeitsgruppen geben, um juristische Fallbearbeitung zu üben und danach den anderen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorstellen.
Als Direktorin des Zentrums für Innovation und Entwicklung in der Lehre ist Andrea Schröder Ansprechpartnerin für viele Kolleginnen und Kollegen und hat gemeinsam mit dem E-Learning-Team kurzfristig Handreichungen für Einsteiger und Fortgeschrittene im Bereich der digitalen Lehre entwickelt.
Starker Schub für digitale Lehre
Das E-Learning-Team der Hochschul- und Kreisbibliothek Bonn-Rhein-Sieg (HuKB) um Susanne Kundmüller bildet mit seiner Expertise so etwas wie den ruhenden Pol und hat für den schnelleren Einstieg eine gut strukturierte digitale Kursvorlage erstellt. Der komplette Vorlesungsstoff eines Semesters kann eingebaut und dann auf die Vorlesungswochen verteilt werden. Jan Kleinert vom Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismus, hat die Vorlage genutzt und ist sehr gespannt: „Die Studierenden sollen das Material möglichst eigenständig erarbeiten, und wir treffen uns in der Videokonferenz, um Fragen zum Material der Vorwoche zu klären und Übungsaufgaben zu diskutieren.“
Doch die Kolleginnen aus der Hochschul- und Kreisbibliothek machen weit mehr: Das siebenköpfige Beratungsteam für E-Learning und Videolab führt seit vergangener Woche Webinare durch und berät telefonisch. Susanne Kundmüller: „Zusätzlich zu unserem Demokurs bieten wir acht Webinare pro Woche, an denen jeweils mehr als 50 Teilnehmer an ihren Bildschirmen sitzen, um mehr über digitale Lehre zu lernen. Im Durchschnitt führt das Team daneben täglich fast 20 telefonische Beratungen durch.“
Susanne Kundmüller und Iris Groß sind sich einig, dass durch das Online-Semester die digitale Lehre einen enormen Schub erfahren wird. „Es ist ein großer Kraftakt für uns alle und eine steile Lernkurve. Die Hochschule ist herausgefordert, sehr schnell die technischen Möglichkeiten auszuweiten, für jeden einzelnen ist es ein großer Zusatzaufwand, die etablierten Formen auf ein digitales Angebot umzustellen. Wir strengen uns an, damit unsere Studierenden jetzt kein Semester verlieren. Aber wir werden alle auch dauerhaft davon profitieren. Vieles von dem, was wir jetzt ausprobieren, wird auch später unsere Lehre bereichern.“
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Iris Groß
Dekanin des Fachbereichs, Direktorin des Zentrums für Innovation und Entwicklung in der Lehre , Professorin für Technische Mechanik, Konstruktionselemente, CAD , Alumnibeauftragte des Präsidiums
Standort
Sankt Augustin
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B 201
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