Kompass Digitale Lehre
"Hybride Lehre funktioniert. Allerdings bevorzuge ich Lehrveranstaltungen in Präsenz."
Lieber Herr Heiden,
Sie haben im vergangenen Semester einen Teil Ihrer Studierenden aus der reinen Online-Lehre zurück an die Hochschule geholt, natürlich unter strenger Einhaltung der Corona-Hygienevorschriften. Könnten Sie uns bitte beschreiben, wie das technische Setting bei Ihnen ausgesehen hat?
Prof. Dr. Wolfgang Heiden: Im Wintersemester 21/22 habe ich Gruppen von jeweils zehn bis dreißig Studierenden in vier Lehrveranstaltungen der Informatik (sowohl im Bachelor- als auch im Master-Bereich) im hybriden Format unterrichtet. Ich habe die Veranstaltung am Dozentenplatz vom Laptop aus durchgeführt und meine Präsentation wurde im Veranstaltungsraum auf der Leinwand angezeigt. Die nicht anwesenden Studierenden waren via Webex zugeschaltet und konnten die Folien über meinen geteilten Bildschirm im Online-Meeting verfolgen.
Wie sind Sie mit Fragen oder Beiträgen Ihrer Online- und Präsenzteilnehmenden umgegangen?
Prof. Dr. Wolfgang Heiden: Viele der anwesenden Studierenden brachten ihren eigenen Laptop mit in die Veranstaltung und waren mit diesem im Online-Meeting eingewählt. So konnten Zwischenfragen, Kommentare oder Lösungspräsentationen in Übungen zentral über das Webex-Meeting geteilt werden. Präsenz-Studierende ohne Laptop konnten für Präsentationen den Dozentenlaptop verwenden. Wortbeiträge der Anwesenden habe ich für die Externen wiederholt, weil sie sonst über Webex nicht zu hören gewesen wären. Alternativ konnten die Anwesenden für ihre Wortbeiträge aber auch das Mikrofon ihres eigenen Laptops nutzen, mit dem sie ja im Online-Meeting eingeloggt waren. In solchen Momenten habe ich dann mein Mikrofon stumm geschaltet, um Rückkopplungen zu vermeiden. Wortbeiträge der Externen wurden nach Ankündigung im Webex-Chat über meinen Laptop-Lautsprecher bzw. über die Lautsprecheranlage des Seminarraums (soweit möglich) für die Anwesenden hörbar gemacht. Externe Bildbeiträge wurden über die Webex-Sitzung auf der Leinwand im Raum angezeigt.
Sie beschreiben die Interaktion in hybriden Veranstaltungen als herausfordernder als reine Online- oder Präsenzsettings. Hat sich dieser höhere Aufwand für Sie gelohnt?
Prof. Dr. Wolfgang Heiden: Ich habe das Hybrid-Format im Minimalmodus durchgeführt und kann als Fazit festhalten, dass es so zwar grundsätzlich funktioniert, ich aber einen einheitlichen Zugang klar bevorzuge. Auf der einen Seite haben die Präsenz-Studierenden die physische Anwesenheit als Vorteil empfunden und waren dankbar für die Möglichkeit, vor Ort an der Lehrveranstaltung teilnehmen zu können. Gleichzeitig begrüßten die extern Zugeschalteten die Option einer Online-Teilnahme und nahmen diese dankbar an. Auf der anderen Seite waren für mich die oben geschilderten Maßnahmen zur möglichst gleichwertigen Beteiligung beider Gruppen doch relativ umständlich und haben den Fluss der Veranstaltung durchaus behindert. Aus meiner Sicht ist die hybride Durchführung einer Veranstaltung letztlich nur in Abwägung der Vor- und Nachteile im individuellen Fall erstrebenswert, weil sie für die Präsenz-Teilnehmenden im Vergleich zu einer reinen Präsenz-Veranstaltung und für die Online-Teilnehmenden im Vergleich zu einer reinen Online-Veranstaltung Nachteile mit sich bringt.
Wie können diese Nachteile aus dem Weg geräumt werden?
Prof. Dr. Wolfgang Heiden: Um diese Nachteile zu minimieren (ich persönlich bin der Ansicht, dass sie sich nicht vollständig werden ausräumen lassen), würde der Einsatz einer zusätzlichen Person nützlich sein, die sich über die gesamte Lehrveranstaltung hinweg um die Einbindung der online Zugeschalteten kümmert. Diese zusätzliche Person könnte z.B. eine studentische Hilfskraft sein, die die Kommunikation mit den Online-Teilnehmenden in beide Richtungen unterstützt und damit die eigentliche Lehrperson von diesen Zusatzaufgaben entlastet.
Ihre Studierenden wussten die flexiblen Teilnahmemöglichkeiten an Ihren Lehrveranstaltungen sehr zu schätzen. Werden Sie weiterhin hybride Formate anbieten?
Prof. Dr. Wolfgang Heiden: Außer in besonderen Situationen (zum Beispiel, wenn Lehrpersonal mit besonderen Qualifikationen nicht vor Ort sein kann und daher nur online zur Verfügung steht oder nur extern verfügbare Infrastruktur genutzt werden soll) halte ich grundsätzlich die Präsenzlehre für das besser geeignete Format: Sie fördert die direkte Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden und auch zwischen den Studierenden untereinander. Außerdem bietet die Präsenzlehre insbesondere für weniger stark intrinsisch motivierte Studierende einen Ankerpunkt, der es erleichtert, regelmäßig und konzentriert an Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Ich habe mich im WS 21/22 für hybride Angebote entschieden, um den Studierenden, die diese Vorteile der Präsenz trotz der pandemischen Lage nutzen wollten, Gelegenheit dazu zu geben. Allen anderen, die diese Option nicht wahrnehmen wollten oder konnten, habe ich durch eine Online-Teilnahme mehr Flexibilität ermöglicht.
Wir bedanken uns für das Gespräch!
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