Fachbereich Informatik
Forscherin aus der Ukraine zu Gast an der H-BRS
Als die Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung im Zuge der Corona-Pandemie aufgehoben wurden, konnte man beinahe die Erleichterung in der deutschen Bevölkerung spüren, endlich wieder zur Normalität übergehen zu können. Soziale Kontakte zu pflegen, einander zu begegnen und sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, ist von enormer Bedeutung für viele Menschen.
Für Mariia Dorosh und ihre Kolleginnen, Kollegen und Studierenden an der Polytechnic National University in Tschernihiw gibt es diese Normalität nicht. Fast zwei Jahre nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine findet ein Großteil der Lehrveranstaltungen immer noch online statt: „Im vergangenen September wollten wir eigentlich wieder zum Präsenzunterricht übergehen. Dann gab es im August jedoch einen Raketenangriff auf unser Stadtzentrum und wir haben die Rückkehr an den Campus verschoben“, erzählt die Wissenschaftlerin. Zwar sei die Arbeit an der Universität grundsätzlich möglich, die Gefahr eines Angriffs allerdings jederzeit gegeben.
Ein Stück Normalität
Die Universitätsstadt Tschernihiw liegt im Norden der Ukraine, unweit der Grenzen zu Belarus und Russland. Zu Beginn des russischen Einmarschs wurde die Stadt angegriffen. Viele Gebäude wurden zerstört und Hunderte Zivilisten kamen ums Leben. Bei diesen Attacken wurde auch die Universität stark beschädigt: „Unsere Fenster waren zerbrochen und die Heizungsanlage defekt, wir konnten nicht auf den Campus zurück“, erinnert sich Dorosh.
Da es der ukrainischen Armee gelungen ist, die Bodenoffensive abzuwehren, gibt es aktuell keine Bodengefechte im Stadtgebiet. Obwohl jederzeit die Gefahr eines Luftangriffs besteht, konnten die Gebäude der Universität weitestgehend instandgesetzt werden – auch mit der Hilfe der H-BRS (siehe Infokasten)
Das Austauschprogramm ermöglichte es Mariia Dorosh, wieder einer ihrer Leidenschaften nachzugehen: „Ich liebe es, zu forschen. Leider habe ich zu Hause neben der Lehre und dem Alltag kaum Zeit dazu. Es ist toll, dass ich mich hier einen Monat lang nur mit unserem Projekt beschäftigen konnte“, sagt Dorosh. Gemeinsam mit Petra Haferkorn beschäftigte sie sich mit der Frage, wie eine verbesserte interne Kommunikation dazu beitragen kann, die Informationssicherheit in Unternehmen und Organisationen zu verbessern. „Etwa 60 bis 90 Prozent der Hackerangriffe sind sogenannte Social-Engineering-Angriffe. Das bedeutet, dass hier Beschäftigte manipuliert werden, damit Angreifer ins System kommen. Eine verbesserte Kommunikationskultur kann hier für mehr Datensicherheit sorgen“, sagt Professorin Petra Haferkorn.
„Es ist wichtig für uns, dass wir euch nicht egal sind“
Neben dem fachlichen Austausch war der Besuch in Deutschland für die ukrainische Forscherin auch persönlich bedeutsam: „Die russische Propaganda versucht sehr stark, uns in der Ukraine zu vermitteln, dass sich niemand mehr für unser Schicksal interessiert. Es hat mich berührt zu sehen, dass die Menschen hier Informationen über unsere Situation haben wollen und sich ehrlich dafür interessieren, was bei uns passiert. Es ist sehr wichtig für uns, für das ukrainische Volk, zu sehen, dass wir dem Rest der Welt nicht egal sind“, sagt Dorosh.
Bereits seit dem Jahr 2012 gibt es einen regelmäßigen Austausch zwischen der H-BRS und ihrer ukrainischen Partneruniversität, der durch das Programm Ostpartnerschaften des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) gefördert wird. Pro Jahr reisen vier bis fünf Studierende, Promovierende, wissenschaftliche Beschäftigte oder Professorinnen und Professoren zur Partneruniversität, meistens besuchen ukrainische Gäste die H-BRS.
Bislang haben sich die Kooperationen auf Forschungsprojekte am Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Kommunikation (IWK) beschränkt. Hier arbeitet Professor Roustiam Chakirov, der das Austauschprogramm ins Leben gerufen hat und seit zwölf Jahren organisiert: „Ukrainische Forschende haben unsere Arbeit in den letzten Jahren sehr bereichert. Es sind bereits zahlreiche gemeinsam erarbeitete Artikel und Konferenzbeiträge entstanden. Es ist schön, dass der Austausch nun auch über den Fachbereich hinaus fortgeführt wird“, sagt Chakirov.
Zwischen Mariia Dorosh und Petra Haferkorn hat es neben der Forschung auch auf persönlicher Ebene sehr gut funktioniert. Für beide ist auch eine erneute Zusammenarbeit in der Zukunft vorstellbar, möglicherweise wieder in Präsenz in Sankt Augustin.
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