Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

Studie der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: Medizintourismus findet zu Stabilität zurück

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Mittwoch, 8. März 2023

Der Medizintourismus in Deutschland hat nach den Einreisebeschränkungen und der Pandemie zu einem stabilen Gleichgewicht zurückgefunden. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) hat die Zahlen für das Jahr 2021 analysiert. Demnach kommen fast 65 Prozent aller Auslandspatienten mittlerweile aus den Nachbarstaaten. Die Bilanz der Bundesländer fällt höchst unterschiedlich aus.

Die Forschungsstelle Medizintourismus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hat für ihre jüngste Analyse die Daten von rund 155.100 Patienten ausgewertet, die 2021 stationär oder ambulant in Deutschland behandelt wurden. Die Zahlen belegen der Hochschule zufolge, dass fast 65 Prozent aller Auslandspatienten mittlerweile aus den Nachbarländern kommen. An vorderster Stelle steht dabei weiterhin Polen (10.383 Patienten), gefolgt vom Frankreich (5958 Patienten). Erstmalig war ein Nachfragerückgang aus den Beneluxländern (minus 10 Prozent, 9646 Patienten) und dem Vereinigten Königreich (minus 37 Prozent, 770 Patienten) zu beobachten. Der Medizintourismus hat für das deutsche Gesundheitssystem nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung: Mit Patientinnen und Patienten aus dem Ausland erzielte es 2021 Einnahmen in Höhe von etwa 750 Millionen Euro.   

„Grund für die beständige Nachfrage nach komplexen medizinischen Behandlungen in Deutschland sind die defizitären oder eingebrochenen Gesundheitssysteme im Ausland“, sagt Mariam Asefi, Leiterin des Forschungsbereichs Medizintourismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Trotz der stark zurückgegangenen Anreisen aus dem bis dahin wichtigsten Herkunftsland Russland blieb die Gesamtzahl der Medizintouristen im Jahr 2021 konstant. Die Nachfrage aus Weißrussland, Georgien und Kasachstan stieg im Pandemiejahr 2021 gegenüber dem Vorjahr deutlich an (Weißrussland plus 69 Prozent, Georgien plus 28 Prozent, Kasachstan plus 9 Prozent). Die Hochschule erwartet, dass die Nachfrage aus diesen Ländern trotz der aktuellen Indikatoren wie Krieg, Sanktionen und Inflation weiter zunehmen wird.

Im Hinblick auf die Medizintouristen aus den Golfstaaten geht Asefi von einem erneuten Anstieg aus. Sie beobachtet mit ihrem Forschungsbereich insbesondere die Patientenanfragen aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait. Den neuesten Auswertungen nach besuchten im Jahr 2021 rund 2.400 arabische Patienten deutsche Kliniken für eine Behandlung, Tendenz steigend.

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Leiterin der Forschungsstelle Medizintourismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: Mariam Asefi. Foto: Vivian Werk

Für die bleibende Nachfrage nach medizinischer Behandlung in Deutschland sieht Mariam Asefi vor allem folgende Gründe: Nicht vorhandene hochspezialisierte Therapien in den Herkunftsländern, unzureichende Medikamentenversorgung und fehlendes Vertrauen in das heimische Gesundheitssystem.

Aktuell lässt die Erdbebenkatastrophe in der Türkei Deutschland im europäischen Wettbewerb zur vorrangigen Zieldestination aufrücken. Bestimmte Einflussfaktoren bremsen jedoch die Entwicklungen. „Wesentlich zu nennen sind hier die Vergabeverfahren von medizinischen Visa, Barrieren in den internationalen Zahlungstransfers sowie mögliche Kapazitätsengpässe in den Kliniken“, sagt Asefi.

Heterogene Entwicklungen zeigen sich in den einzelnen Bundesländern. So haben etwa Sachsen, Hessen und Bayern einen Zuwachs an internationalen Patienten zwischen 2 und 9 Prozent verzeichnet. Dagegen haben Niedersachsen (minus 30 Prozent), Sachsen-Anhalt (minus 23 Prozent) oder NRW (minus 13 Prozent) am stärksten Auslandspatienten verloren.

Zur Person

Mariam Asefi leitet den Forschungsbereich Medizintourismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften in Sankt Augustin). Die Diplom-Kauffrau führt das Thema Medizintourismus am Fachbereich als Lehr-, Forschungs- und Transferaufgabe für Wissenschaft und Praxis fort. Im Zuge dessen hat sie den Arbeitskreis „German Network – Health Tourism Destinations” ins Leben gerufen. Dort diskutieren im Medizintourismus aktive deutschen Destinationen die Potenziale und Herausforderungen ihrer Branche.

Pressebild: Mariam Asefi, Leiterin der Forschungsstelle Medizintourismus

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Mariam Asefi

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Martin Schulz

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