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Mann der ersten Stunde geht: Reinhard Groth im Portrait
Als Reinhard Groth an die neu gegründete Hochschule - damals noch Fachhochschule Rhein-Sieg - kam, hatte er bereits langjährige Verwaltungserfahrung. Sie reicht zurück bis ins Jahr 1974, als er beim Kölner Regierungspräsidenten anfing. Der hieß damals noch Günter Heidecke und war Vorgänger des ebenso langjährigen wie legendären Amtsinhabers Franz-Josef Antwerpes. "Ich habe dort ganz klassisch Verwaltung gelernt und nicht das schlechteste Rüstzeug mitbekommen", sagt Reinhard Groth.
Später ging er an die Fachhochschule Köln, wo er Sachgebietsleiter für Einkauf und Finanzen wurde. An Hochschulen habe ihn gereizt, dass sie bei der Organisation ihrer Verwaltung eigenständig sind. Als die Gründung der Fachhochschule Rhein-Sieg als Teil der Ausgleichsvereinbarungen für den Umzug der Bundesregierung bevorstand, wurde Reinhard Groth hellhörig. Er erfuhr davon durch Hubert Severin, der Dekan an der Fachhochschule in Köln war und als Gründungsrektor nach Sankt Augustin wechselte. Zusammen mit Kanzler Hans Stender bildete Severin ab dem 1. Januar 1995 das Führungsduo.
Planung und Bau unter Zeitdruck
Groth kam im Frühjahr als Leiter des Dezernats Haushalt, Beschaffung, Liegenschaften, Personalnebengebiete dazu. In den oberen Stockwerken des Technoparks in Sankt Augustin, wo die noch überschaubare Truppe eingemietet war, wurde die Planung der neuen Hochschule gleich mit Hochdruck in Angriff genommen. Sie brauchte Personal für Lehre und Verwaltung, Strukturen und ein inhaltliches Profil. Bereits zum Wintersemester 1995/96 sollten schließlich die ersten Studierenden - 30 in Sankt Augustin, 30 in Rheinbach - anfangen. Zu Beginn gab es nur den Fachbereich Wirtschaft. Zeitdruck bestand auch bei den Neubauten: "Es war von Anfang an klar, dass sie im September 1999 fertig sein mussten, weil zu diesem Zeitpunkt die technischen Studiengänge an den Start gingen." Diese benötigten Laborflächen, die sich in den angemieteten Gebäuden nicht unterbringen ließen.
So musste die Gebäudeplanung auf den ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen am Rande des Sankt Augustiner Zentrums beziehungsweise am Rande der Rheinbacher Innenstadt rasch über die Bühne gehen. In Sankt Augustin musste zudem ein verlassener Bauernhof abgerissen werden, das Haus Heidefeld. "Wir profitierten damals von einer schwachen Baukonjunktur. Wir waren außerdem die größten Landesbauten, die in der damaligen Zeit entstanden sind", berichtet der Dezernent. So hatten die Baufirmen Zeit, und sie machten günstige Angebote. Bei den Neubauten wurde sowohl der Zeit- als auch der Kostenplan nicht nur eingehalten, sondern unterschritten. Dabei arbeitete die Hochschule mit je einem Generalunternehmer für die Standorte.
Der Bund hatte 515 Millionen Mark für den kompletten Aufbau der Hochschule zur Verfügung gestellt. Neben der Bundesfinanzierung gab es noch eine weitere Besonderheit: Die Hochschule legte eine Budgetplanung für zehn Jahre auf, was damals im öffentlichen Dienst noch nicht üblich war. "Wir waren mit unserer Finanzierung am Ende im grünen Bereich und es wurde noch ein Teil an den Bund zurückgegeben", so Groth.
Wie die Hochschule Bauherrin wurde
Aufgrund der stark steigenden Studierendenzahl waren wiederholt Um- und Neubauten in Sankt Augustin und Rheinbach erforderlich, wobei auch schon mal ein ganzer Fachbereich umziehen musste. Und auch im Laufe der Erweiterungen gab es ein Novum. Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ist inzwischen selbst Bauherrin. Diese Rolle nimmt in NRW sonst nur die Uni Köln ein. Möglich machte es der 2007 gestartete Modellversuch "Dezentrales Liegenschaftsmanagement". Die Eigenverantwortung und die Präsenz vor Ort kamen den Bauprojekten zugute. So fiel der Startschuss für die jüngste Hochschulerweiterung 2014, und bereits 2017 waren die Bauten bezugsfertig.
Die nächste Erweiterung liegt bei Groth schon in der Schublade: Im vergangenen Jahr arbeitete er am Hochschulentwicklungsplan (HSEP), der den weiteren Ausbau der Standorte in Sankt Augustin und Rheinbach in den 2020er Jahren vorsieht. "Ein großes, interessantes Projekt", sagt der Dezernent. Er hofft, dass die Realisierung nicht zu lange auf sich warten lässt. Die zeitlichen Vorstellungen der Hochschule hätten in Düsseldorf zuletzt leider keinen Anklang gefunden.
Dauerthema Digitalisierung
In 47 Jahren hat Reinhard Groth so manche Veränderung im Verwaltungswesen miterlebt. Stichwort Digitalisierung: "Dieses Thema beschäftigt mich als Landesbeamter schon seit 1980", sagt er. Bei allen Hoffnungen auf effiziente Prozesse sei eines nicht zu verkennen: Die Anpassung bedeute immer zunächst einmal Arbeit, und zugleich schreite die Digitalisierung ständig voran. Er habe in seinem Dezernat aber inzwischen die gute Erfahrung gemacht, dass sich durchaus Effekte erzielen lassen. Die einzelnen Teams seien dank digitaler Möglichkeiten inzwischen besser miteinander verbunden. Seit 2018 ist der Verwaltungsdirektor nur noch für den Gebäudebereich und die Betriebssicherheit zuständig, das Gebiet Finanzen und Einkauf hat er abgegeben.
Eine ganz andere Herausforderung stellte sich Reinhard Groth in seinem letzten Jahr an der Hochschule: die Corona-Pandemie. Das weitreichende System an Sicherheitsvorkehrungen - vor allem das Maßnahmen- und Hygienekonzept - entstand unter seiner Beteiligung. Die Regelwerke haben wesentlich dazu beigetragen, dass das Infektionsgeschehen an der Hochschule bis heute minimal ist.
Doch nun ist Schluss. Bis 2022 hätte Reinhard Groth noch im Dienst bleiben können, doch entschied er sich, ein Jahr früher zu gehen. Was er vermissen wird, wenn er nicht mehr an der Hochschule arbeitet? "Das wird sich noch zeigen", sagt er knapp. Was eine gute Verwaltung ausmacht? "Sie muss Service bieten und zugleich den Anforderungen des Gesetzgebers Rechnung tragen. Und sie sorgt dafür, dass der Hochschulbetrieb läuft - am besten ganz geräuschlos." An was er sich besonders gerne erinnert? "An die Aufbruchstimmung der Anfangszeit, als alle an einem Strang zogen. Das ist nicht reproduzierbar und über die Jahre verloren gegangen - auch, aber nicht nur wegen der zwischenzeitlichen Größe der Hochschule."
So wünscht Reinhard Groth der Hochschule nach seinem Ausscheiden nicht nur eine gute Entwicklung, sondern auch wieder ein bisschen mehr "Wir-Gefühl".
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