Zentrum für Ethik und Verantwortung (ZEV)

Prof. Dr. Goodarz Mahbobi beleuchtet Ethik by Design

Donnerstag, 10. Februar 2022

Prof. Dr. Goodarz Mahbobi erläuterte in der Ringvorlesung am 10. Januar 2022 die Vorteile einer Beachtung des Konzepts „Ethik by Design“ bei der Entwicklung von Software.

Im neuen Jahr startete die Ringvorlesung „Lasst uns reden ... über Ethik und Nachhaltigkeit in der digitalen Welt“ mit Prof. Dr. Goodarz Mahbobi, der als CEO der IT- und Managementberatung axxesio GmbH sowie als Honorarprofessor für Ethik und Innovation in der Informationstechnologie am ZEV tätig ist. Er sprach über das Thema „Ethik by Design“ und adressierte dabei die zunehmenden Herausforderungen im Umgang mit künstlicher Intelligenz.

Die aktuellen Entwicklungen im Umgang mit künstlicher Intelligenz verglich Goodarz Mahbobi zunächst mit der langjährigen Vernachlässigung der Cybersecurity und den stattdessen gesetzten Fokus auf Profite. Durch zahlreiche Cyberangriffe und den somit entstandenen immensen Schadenssummen, steigt das Bewusstsein für Cybersecurity in Deutschland derzeit und ein Umdenken findet statt. Ein wichtiger konzeptioneller Baustein für eine Neuausrichtung ist „Security by Design“. Dabei wird kontinuierlich während jedes Prozessschrittes der Systementwicklung die Funktionalität der Sicherheitsfeatures getestet und mögliche Fehlfunktionen werden erkannt. Dies ist zentral für die Entwicklung eines widerstandsfähigen und auch kostengünstigeren Systems. 

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Laut Goodarz Mahbobi werden sich diese Fehler im Bereich der Cybersecurity in der Digitalen Ethik wiederholen, wenn die Ethik nicht von Anfang an mitbedacht wird. Analog zum „Security by Design“ plädiert Goodarz Mahbobi auch „Ethik by Design“ von Anfang an in den Vordergrund zu stellen. Nur so kann es gelingen Produkte zu entwickeln, die das Wohl der aller Menschen zum Ziel haben. Aber auch für die Unternehmen ist die Beachtung der ethischen Aspekte zunehmend von Bedeutung, da einerseits die Konsequenzen für mangelnde Ethik steigen, andererseits aber auch Ethik zum Marktvorteil wird.

Ein mögliches praktisches Vorgehen für eine ethikbasierte Entwicklung von Software erläuterte Goodarz Mahbobi anschließend anhand diverser Beispiele. Zur Veranschaulichung des Vorgehens nutzte Goodarz Mahbobi die ethischen Leitlinien für Künstliche Intelligenz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem Jahr 2021 und die dort vorgeschlagenen Entwicklungsgrundsätze und Leitfragen für die Entwicklung von künstlicher Intelligenz. Durch die gut nachvollziehbare Gegenüberstellung momentaner Herausforderungen aber auch Fehlentwicklungen mit den nötigen Leitfragen und Entwicklungsgrundsätze, konnten auch Zuschauer, die sich bisher nicht professionell mit der Materie auseinandergesetzt hatten, die von Goodarz Mahbobi vorgeschlagenen Auswege aus den ethischen Dilemmata nachvollziehen.

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So verwies er auf algorithmische Systeme, welches vorwiegend an Menschen mit weißer Hautfarbe trainiert wurde. Die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Erkennung von Hautkrebs bei weißen Patient:innen ist dadurch signifikant höher als bei Patient:innen mit einer anderen Hautfarbe dar. Ein möglicher Ausweg für dieses Problem könnte in der Nutzung vorurteilsfreier Daten unter Beachtung einer generellen Sensibilität gegenüber der Breitenwirkung von Algorithmen bestehen.

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Ein weiteres Beispiel veranschaulichte den schmalen Grat zwischen der Nutzung anonymisierter Daten zum Allgemeinwohl, hier die Verkehrsplanung, und der möglichen Verwendung der Daten für nichtanonyme Zwecke, die nicht im Interesse der Nutzer:innen liegen. Hier können Transparenz über die Datenverwendung und die Integration von Entscheidungsmöglichkeiten für den Nutzer zur Lösung des Problems beitragen. Weitere Beispiele behandelten Themen wie die Regulierung von Tech-Konzernen, unsichere Steuerungssysteme im industriellen Kontext oder individualisierte Online-Werbung. Insgesamt gab sich so ein abgerundeter Eindruck über die Diversität und die Reichweite der Herausforderungen.

Anschließend an den Vortrag stand Prof. Dr. Mahbobi für einen Austausch und Fragen zur Verfügung. Hier wurde auch noch mal die Frage nach dem Wettbewerbsvorteil durch das Mitbedenken von ethischen Grundsätzen besteht diskutiert. Mahbobi, der an der Entwicklung des E-Book Readers „Tolino“ beteiligt war, sprach sich klar dafür aus, dass heutzutage viele Menschen aktiv nach einer Alternative zur Abhängigkeit von Großkonzernen suchen und sich für die Datensicherheit nach europäischen Leitlinien entscheiden. Auch über die wichtige Frage, wie Unternehmen dazu gebracht werden können ethische Grundsätze zu beherzigen, wurde gesprochen. Mahbobi betonte, dass die digitale Ethik uns alle betrifft, es liege an den Gesetzgebern Verantwortlichkeiten und Haftung zu definieren. Aber auch ein Druckaufbau der Konsument:innen und das Einbringen der Thematik in wissenschaftliche Einrichtungen wie Universitäten und Hochschulen sind wichtige Instrumente. Das Zentrum für Ethik und Verantwortung freut sich, dass Prof. Dr. Goodarz Mahbobi die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit seiner Expertise in diesem Unterfangen unterstützt. 

Die Ringvorlesung des ZEV ist Teil des hochschulweiten Projektes Campus to World, das von der Bund-Länder-Förderinitiative "Innovative Hochschule" gefördert wird.

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