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Zentrum für Innovation und Entwicklung in der Lehre (ZIEL)

Motivierende Lehre in Veranstaltungen mit vielen Studierenden? - Interview mit Andrea Schröder

Gerade beim Arbeiten und Lernen von zu Hause ist bei Studierenden viel Disziplin gefragt. Deswegen hat sich Andrea Schröder im Online-Semester zur Aufgabe gemacht, für ihre Studierenden eine besonders motivierende Online-Veranstaltung anzubieten. Andrea Schröder ist Dozentin für Zivilrecht und Direktorin des ZIEL (Zentrum für Innovation und Entwicklung in der Lehre). Im Kompass-Interview berichtet sie, wie man Lehre auch bei großen Teilnehmerzahlen motivierend gestalten kann.

Was war für Sie im Online-Semester die größte Herausforderung?

Andrea Schröder: Als feststand, dass das Semester online stattfinden wird, haben Sandra Rohleder und ich uns zunächst zusammengetan, da wir beide Zivilrecht unterrichten, um Synergien zu schaffen. Hierbei war unsere größte Sorge, wie man auch bei großen Teilnehmerzahlen eine motivierende Lehratmosphäre schaffen kann. 
 

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Wie haben Sie versucht, Ihre Studierenden zu motivieren?

Andrea Schröder: Zunächst haben wir uns für ein Flipped-Classroom Konzept entschieden, da uns bei 300 Studierenden nicht sinnvoll erschien, einfach nur synchrone Lehrveranstaltungen anzubieten. Wir haben in LEA auf Basis des Demokurses einen Kurs angelegt, in dem es jede Woche in einem separaten Ordner neue Arbeitsanweisungen gab. Bei diesen waren wir immer transparent. Wir haben stets erklärt, warum wir welchen Aufbau gewählt haben, was wir als sinnvoll erachteten und wie die Studierenden mit dem Lernmaterial umgehen sollten. Das hat gut geklappt und in unserer Evaluation konnten wir sehen, dass der Wochenrhythmus auch den Studierenden wichtig war. Trotzdem verlangt es viel Disziplin jeden Tag mehrere Stunden vor dem heimischen PC zu arbeiten. Deswegen haben wir bei jeder Kommunikation, Arbeitsanweisung oder Antwort auf eine Frage darauf geachtet, dass wir motivierende Sätze einbauen und eine adressatenadäquate Sprache nutzen. Denn uns war klar, dass die Lernatmosphäre im Corona-Semester eine entscheidende Rolle spielen wird

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Wie war die Reaktion der Studierenden auf dieses Format? 

Andrea Schröder: Das Ergebnis hat uns überrascht, denn die Studierenden haben die Arbeitsanweisungen als gar nicht so umgangssprachlich empfunden. In unserer Evaluation haben jedoch alle der Befragten angegeben, dass sie unsere Ansprachen persönlich und motivierend fanden. Offensichtlich haben wir den richtigen Ton getroffen und konnten die Studierenden motivieren. Und dass, obwohl uns die Studierenden kaum gesehen haben, denn ZOOM haben wir nur selten genutzt.

Wie haben Sie mit den Studierenden Kontakt gehalten?

Andrea Schröder: Bei Zoom hatten wir Bedenken bezüglich der Internetverbindungen und wollten nicht vor hunderten schwarzen Kacheln unterrichten. Deshalb haben wir ZOOM überwiegend zur juristischen Fallbearbeitung mit Breakout-Sessions genutzt. Um zusätzlich mit den Studierenden zu kommunizieren, haben wir einen Instant Messenger eingesetzt. Hier haben wir die Struktur aus LEA übernommen und wöchentliche Channels eingerichtet. Außerdem haben wir einen allgemeinen Channel sowie einen Channel als „Kaffee-Küche“ eingerichtet, der Pausengespräche ersetzten sollte. In diesem Channel konnten sich die Studierenden untereinander oder mit uns über andere Themen austauschen. Bei einem solchen „Kaffee-Küchen“-Channel gilt: Der Channel funktioniert nur, wenn er auch durch den oder die Lehrenden selbst bespielt wird. Dabei muss man authentisch bleiben: Wer am Posten oder Teilen keinen Spaß hat, wird sich mit so einem Channel auch nicht wohl fühlen. Dann muss man eben ohne auskommen. Es spielt übrigens keine Rolle, welchen Instant Messenger man nutzt, es kann auch ein Chat wie bei WebEx Teams sein. Letztlich ist die schnelle Kommunikation mit den Studierenden entscheidend, nicht das Tool. Man sollte aber schon verschiedene Channel einrichten können, es sollte eine Suchfunktion und eine App für das Smartphone geben.

Platzhalter Grafik B blau dunkel

Wo lagen die Vorteile bei der Nutzung eines solchen Instant Messengers oder Chats?

Andrea Schröder: Der Gedanke bei der Nutzung war, den Studierenden die Möglichkeit zu geben, rund um die Uhr mit uns kommunizieren zu können. Alle Studierenden waren jederzeit dabei, auch bei eingeschränkter Internetverbindung. Selbst die, die keine Fragen gestellt haben, konnten durch die Antworten der anderen partizipieren und lernen. Außerdem holt ein Instant Messenger bzw. Chat die Studierenden in ihrer Lebenswirklichkeit ab und ist selbsterklärend. Für uns als Lehrende war der Instant Messenger auch gut, da wir keine Fragen mehr per E-Mail bekamen, sondern Fragen einmalig und gebündelt beantworten konnten. So belief sich der Aufwand auf nur eine halbe Stunde pro Lehrende und Woche. Bis kurz vor der Klausur wurden mehr als 2.700 Nachrichten über den Instant Messenger versendet. Das Konzept hat also gut funktioniert, was aber auch daran lag, dass wir Lehrende zügig geantwortet haben.

Welches Feedback hat Sie darüber hinaus erreicht?

Andrea Schröder: Zum Ende des Semesters haben wir unsere Lehrveranstaltung mit einem eigenen Fragebogen evaluiert und umfangreich ausgewertet. Hierfür haben wir 55 von 300 Teilnehmer der Lehrveranstaltung befragt. Die Resonanz war durch und durch positiv; es haben sich alle Studierenden in der Zivilrechtsgruppe wohlgefühlt und fanden, dass ein konstruktives Lernklima herrschte. Auch mit unseren Arbeitsanweisungen haben wir den gewünschten Effekt erzielt, denn alle Studierenden empfanden diese als sehr motivierend. Das hat uns gezeigt, dass es auch bei hohen Teilnehmerzahlen möglich ist, eine motivierende Online-Veranstaltung zu organisieren. Dieses Ergebnis habe ich auch am Tag der Lehre vorgestellt.