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H-BRS erforscht in DFG-Verbund zelluläre Transportmechanismen, um Krankheiten besser zu verstehen

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Dienstag, 7. Januar 2025

Wenn Transportprozesse in Zellen nicht funktionieren, hat das oft Krankheiten wie Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Nieren- und Lungenschäden oder Entzündungen zur Folge. In dem interdisziplinären DFG-Forschungsverbund „CytoTransport – Mechanismen und Modulation zellulärer Transportprozesse“ untersucht ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) die zugrunde liegenden Abläufe. Ein besseres Verständnis der Vorgänge ist Voraussetzung, um neue therapeutische Strategien zu entwickeln.
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Sprecher des Forschungsverbundes CytoTransport: Professor Mike Althaus. Foto: Daniela Greulich

Transportprozesse spielen für die Funktion von Zellen eine sehr wichtige Rolle. So müssen Komponenten, die für den Stoffwechsel oder die Herstellung von Proteinen benötigt werden, in die Zellen hineingelangen, wohingegen bestimmte Abfallprodukte aus der Zelle heraustransportiert werden müssen. Auch der Transport von elektrisch geladenen Teilchen, so genannten Ionen, ist für Zellen essenziell, da durch diese kleinste elektrische Membranspannungen erzeugt werden, die Nervenzellen beispielsweise zur Kommunikation nutzen. „Transportprozesse sind an allem, was uns als Menschen ausmacht, beteiligt. Es gibt keinen biologischen Prozess, der nicht mit Transporten in Verbindung steht“, sagt Professor Mike Althaus, der Sprecher des Verbundes „CytoTransport“, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Eine Zahl verdeutlicht, um welche Dimension es hier geht. Das menschliche Gehirn besteht aus 86 Milliarden Nervenzellen. Jede einzelne dieser Nervenzellen erzeugt elektrische Spannungen, die auf den Transport von tausenden von Ionen zurückzuführen sind.

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Patch-Clamp Experiment an einer Zelle: Dr. Oliver Rauh stellt den Verstärker zur Ableitung der elektrischen Signale, die von der Zelle kommen, ein. Foto: Daniela Greulich

Verschiedene Transportarten in jeder Zelle

Es lassen sich verschiedene Transportarten unterscheiden. Zum einen gibt es in der Zellmembran Ionenkanäle. Das sind Poren, die Ionen wie Natrium, Kalium oder Calcium in die Zelle hinein oder aus ihr hinaus leiten. Ein solcher Ionenkanal öffnet und schließt sich wie eine Haustür. Der Prozess selbst heißt Gating und läuft sehr schnell ab. Doch wie bekommt man die Tür auf? Wie öffnen und schließen sich Ionenkanäle, und was passiert, wenn die Signale gestört sind? Da es sich bei den Transportgütern um elektrisch geladene Teilchen handelt, können die Forschenden den Strom durch die Ionenkanäle mittels der so genannten Patch-Clamp-Technik messen. Darüber lässt sich die Funktion der Ionenkanäle charakterisieren und zum Beispiel auch untersuchen, welche strukturellen Teile der Ionenkanäle für die Gating-Mechanismen verantwortlich sind. Im übertragenden Sinne: Welche Struktur ist die Türklinke? Welche ist das Scharnier? Gibt es Schlüssel, die die Tür länger verschlossen halten oder Stopper, die sie geöffnet lassen? „Viele dieser Prozesse sind noch nicht verstanden“, sagt Althaus.

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Patch-Clamp-Experiment an einer Zelle: Dr. Oliver Rauh bringt die Glaskapillare mittels Mikromanipulatoren in die Nähe der zu messenden Zellen. Foto: Daniela Greulich

Neben den Türen, also den Ionenkanälen, gibt es in der Zellmembran die sogenannten Transporter. Diese können auch größere Moleküle wie zum Beispiel Zucker oder Aminosäuren in die Zelle hinein oder aus ihr heraus bewegen. Dafür läuft der Prozess langsamer ab als in den Ionenkanälen. Die Transporter spielen zum Beispiel im Stoffwechsel oder bei Entgiftungsprozessen eine wichtige Rolle. Die Funktionsweise dieser sogenannten Solute-Carrier-Transporter untersuchen die Forschenden ebenfalls.

Doch wie gelangen die Ionenkanäle und Transporter an die Orte, an denen sie gebraucht werden? Anders gefragt: Wie kommen sie im übertragenen Sinne zur Arbeit? Das geschieht unter anderem mit Hilfe von Membran-Bläschen (Vesikeln). Diese werden über Motorproteine, analog zu Transportfahrzeugen, entlang des Cytoskeletts, einer Art Schienennetz, das durch fadenförmige Proteine im Inneren einer Zelle gebildet wird, transportiert.

Alle Transportwege sind ganz entscheidend für viele zelluläre Prozesse, und Störungen können schwerwiegende Folgen für die menschliche Gesundheit haben.

Das Projekt „CytoTransport“ geht noch über das bessere Verständnis der unterschiedlichen biologischen Transportprozesse hinaus. „Wir möchten auch Grundlagen für die Herstellung von Vehikeln legen, die es ermöglichen, Moleküle, die Transportproteine modulieren, zu ihrem Wirkort zu befördern “, erläutert H-BRS-Professor Althaus diesen chemischen Aspekt. Perspektivisch könnten so Methoden entwickelt werden, um im Idealfall neue Medikamente punktgenau an die Stelle einer Zelle zu bringen, wo sie eingesetzt werden sollen.

Modelle und Hypothesen durch KI-gestützte Methoden

Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes stehen biologische Fragestellungen. Doch es sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule aus weiteren Disziplinen beteiligt, um den Blick zu weiten und voneinander zu lernen.

So ist eine Projektgruppe aus dem Bereich Chemie und Materialwissenschaften dabei, die sich bei technischen Lösungen von biologischen Prozessen inspirieren lässt. Ein Beispiel: Weltweit ist die Erzeugung von Trinkwasser ein großes Problem und es werden künstliche Membranen zur Meerwasserentsalzung eingesetzt. Während die Biologie den gezielten Transport von bestimmten Salzen über Zellmembranen über Milliarden Jahre durch Evolution gelöst hat, stehen Forschende bei der Effizienz und Selektivität von künstlichen Membranen noch vor technischen Herausforderungen. Hier lohnt sich der Blick in die Biologie.

Computerwissenschaftlerinnen und Computerwissenschaftler der H-BRS unterstützen das Projekt mit Hilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI). Sie entwickeln Modelle für biologische und chemische Transportprozesse und erstellen Modelle von Proteinstrukturen, die dann im Labor überprüft werden sollen. Dieses Thema ist in der Wissenschaft topaktuell, was sich im vergangenen Jahr auch durch die Vergabe des Chemie-Nobelpreises zeigte. Diesen erhielten die in Großbritannien arbeitenden Wissenschaftler John Jumper und Demis Hassabis für die Entwicklung von KI-gestützten Methoden zur Vorhersage komplexer Proteinstrukturen.

Projekt im Programm „Forschungsimpulse“ der DFG

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Verbundprojekt „CytoTransport“ an der H-BRS und damit den Aufbau eines Zentrums für die biomedizinische Forschung über einen Zeitraum von fünf Jahren mit insgesamt rund sechs Millionen Euro. Das Projekt ist Teil des neuen „Forschungsimpulse“-Programms für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Ende 2023 war die H-BRS dafür als eine von zehn HAW bundesweit ausgewählt worden. „Langfristiges Ziel ist es, ein methodisches Portfolio zu erarbeiten, mit dem Transportprozesse aus unterschiedlichen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Auflösungsskalen vom Atom bis zur Zelle erforscht werden können“, sagt Professor Mike Althaus.

Erwachsen könnten aus den Forschungsergebnissen auch personalisierte Therapien. „In der Medizin wird viel passieren, wenn man weiß, welche Variante eines Proteins bei fehlerhaften Transportprozessen eine Rolle spielt“, sagt Althaus mit Blick auf entsprechende Krankheitsbilder. So könnten zum Beispiel Medikamente und Therapien gezielter angewandt werden, wenn man herausfindet, wie effektiv diese auf bestimmte Proteinvarianten wirken. Oder welche Genvarianten dafür ursächlich sind, dass manche Menschen empfindlicher als andere auf einen Anstieg des Blutdrucks im Zusammenhang mit stark salzhaltiger Ernährung reagieren.

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Am Mikroskop: Doktorandin Mariana da Silva (Forschungsgruppe Professor Jörn Oliver Sass) und Simran Madaan, Technische Assistentin im Forschungsverbund CytoTransport (stehend). Foto: Daniela Greulich

In dem Forschungsverbund „CytoTransport“ forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus neun Arbeitsgruppen: Professor Mike Althaus, Professor Matthias Preller, Professor Jörn Oliver Sass, Professorin Margit Schulze, Professor Christopher Volk und Professor Steffen Witzleben aus dem Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften, Professor Dirk Reith (Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Kommunikation), Dr. Karl Kirschner (Fachbereich Informatik) und Dr. Katrin Richter von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie gehören den beiden H-BRS-Forschungsinstituten IFGA (Institut für funktionale Gen-Analytik) und TREE (Institut für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz) an. Das Team besteht aus insgesamt 26 Forschenden aus zwölf Ländern, darunter elf Doktorandinnen und Doktoranden. Der Verbund arbeitet fachübergreifend und international, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden mit Forschungseinrichtungen in Deutschland, den USA, Dänemark, Großbritannien und Israel zusammenarbeiten.

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Gruppenbild bei der internationalen Konferenz an der H-BRS: Die Forschenden des DFG-Verbundes CytoTransport im September 2024. Foto: Juri Küstenmacher

Pressebilder zum Download

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Sprecher des Forschungsverbundes CytoTransport: Professor Mike Althaus. Foto: Daniela Greulich/H-BRS
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Gespräch im Biologie-Labor in Rheinbach: Professor Mike Althaus (links) und Dr. Oliver Rauh. Foto: Daniela Greulich/H-BRS
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Patch-Clamp Experiment an einer Zelle: Dr. Oliver Rauh stellt den Verstärker zur Ableitung der elektrischen Signale, die von der Zelle kommen, ein. Foto: Daniela Greulich/H-BRS
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Sprecher des Forschungsverbundes CytoTransport: Professor Mike Althaus. Foto: Daniela Greulich/H-BRS
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Am Mikroskop: Doktorandin Mariana da Silva (Forschungsgruppe Professor Jörn Oliver Sass) und Simran Madaan, Technische Assistentin im Forschungsverbund CytoTransport (stehend). Foto: Daniela Greulich
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Patch-Clamp-Experiment an einer Zelle: Dr. Oliver Rauh bringt die Glaskapillare mittels Mikromanipulatoren in die Nähe der zu messenden Zellen. Foto: Daniela Greulich/H-BRS

Kontakt

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Mike Althaus

Professor für Biologie, insbesondere Physiologie und Neurobiologie

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Daniela Greulich

Stellvertretende Leitung der Stabsstelle, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Pressesprecherin

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