Kommunikation und Marketing
Eure Liebesgeschichte - von der KI gemalt und erzählt
Ich treffe Paul und seinen Mitgründer Marcus im Co-Working-Café des 25hours-Hotels in Köln, um mit ihm über seine Geschichte zu sprechen. Hier treffen sich die beiden, und, wenn es passt, auch die übrigen drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma, einmal die Woche, um wichtige Dinge zu besprechen, denn einen herkömmlichen Unternehmenssitz gibt es nicht, alle arbeiten von ihren Büros zuhause aus.
Von Detmold nach Berlin
Im Jahr 2013, nach seinem Abitur in Detmold, zieht es Paul nach Berlin, wo er eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann absolviert. Als Eventmanager wird er noch während der Ausbildung verheizt: Als Azubi organisiert er die Heimspiele des Fußballvereins Hertha BSC, es ist Eventmanagement wie aus dem Lehrbuch, aber er arbeitet bis zu 60 Stunden die Woche. Er wechselt, immer noch in der Ausbildung, den Arbeitgeber, organisiert Messen und muss selbst mit anpacken, auch hier sind die Arbeitszeiten brutal.
"Will ich das bis an mein Lebensende machen?" Die Antwort auf diese Frage liefert ihm unter anderem die Lektüre eines Buches, das ihm von seinem Vater empfohlen wird: In "Schnelles Denken, Langsames Denken" erklärt der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann die Strategien des Gehirns, um mit der Umwelt zu interagieren und wie Denkfehler unsere Entscheidungsfindung beeinflußen.
Wirtschaftspsychologie und ein kleiner Kulturschock
Paul entscheidet sich darauf für ein Studium der Wirtschaftspsychologie und landet im Jahr 2018 am Campus Rheinbach. Er zieht in eine WG in Bonn und muss sich erstmal wieder an die Provinz gewöhnen. Viel Zeit darüber nachzudenken, bleibt ihm nicht; Studium und Arbeit halten ihn auf Trab. Auch dass Paul schon deutlich älter als die meisten Studienanfänger ist, beschäftigt ihn nur kurz, denn er lernt im Studium seine Freundin kennen, mit der auch heute noch zusammen ist. Er erzählt mir, dass Statistik und das Betriebliche ihm gelegen haben, Mathe aber hart gewesen sei. Doch Paul beißt sich durch, obwohl er als Student nebenbei auch noch arbeitet; unter anderem im Personalmanagement bei DHL, für die United Nations und für Rewe im Team Business Insights.
Schnuppern an der Startup-Szene im CENTIM
Bereits vor dem Praxissemester wächst Pauls Interesse an Startups, er hört Podcasts, liest Fachbücher und nimmt an Hackathons teil, auch wenn der Respekt zunächst riesig ist. Schließlich arbeitet er als Student auch im Centrum für Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand (CENTIM), das mit der Start-up-Manufaktur, einem eigenen Gründungszentrum, Unternehmensgründungen von Hochschulangehörigen unterstützt. Paul besucht einige Startups, spricht mit Gründerinnen und Gründern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des CENTIM, die ihm Mut machen. Seine Bachelorarbeit, die von Frank C. Maikranz betreut wird, dreht sich um eine Idee für eine Unternehmensgründung: "Dressive" soll möglichst viele pain points der Kundinnen und Kunden beim Einkauf von Kleidung beseitigen. Eine smarte Umkleidekabine, die zuvor ausgewählte Kleidungsstücke in der richtigen Größe bereitstellt. Paul sucht sich zwei Mitgründer und klappert die Modehersteller ab, doch die Umsetzung der Idee ist äußert komplex und der stationäre Handel steckt in der Krise, auch aufgrund der Pandemie.
"Einfach machen" - Praxissemester in Kanada
Fürs Praxissemester bewirbt sich Paul beim kleinen Clean Tech Startup Carbon Upcycling Technologies in Kanada. Den Lebenslauf seiner Bewerbung setzt er grafisch um, was vielleicht einer der Gründe war, warum er - als einziger Bewerber - durch drei Bewerbungsrunden muss, bis das Team von ihm überzeugt ist. Hier entsteht womöglich der Funke, der ihn schließlich zum Unternehmensgründer werden lässt. "Das war wahnsinnig intensiv, bei denen habe ich alles gemacht: Unternehmenspräsentationen entworfen, die Grundwerte des Unternehmens diskutiert, aber vor Ort auch mal mitangepackt, wenn eine Maschine zusammengebaut werden musste. Das war ein kleines Team und die haben einfach gemacht, das hat mich begeistert." Leider endet das Praxissemester schon nach zwei Monaten, denn es ist die Zeit, in der die weltweite Coronapandemie zuschlägt - es geht zurück nach Deutschland, wo er zusammen mit seinen Schwestern für ein halbes Jahr wieder zurück zu seinen Eltern zieht. "Noch einmal ein bisschen wie ein halbes Jahr Kindheit" sei das gewesen.
Ob Podcast oder traumhaftes Märchen - Hauptsache KI
Nach der Zeit bei seinen Eltern zieht Paul in eine WG in Köln und beginnt ein Masterstudium an der RWTH Aachen: Governance of Technology and Innovation, mit dem er seinen Horizont um das Wissen und die Verknüpfung von soziologischen, wissenschaftsphilosophischen und technologiepolitischen Perspektiven erweitert. Währenddessen verliert er aber nie das Ziel aus den Augen, ein eigenes Unternehmen zu gründen und begibt sich immer wieder auf die Suche nach neuen Ideen. Im Startup-Inkubator und -Accelerator "Startplatz" im Kölner Mediapark lernt er bei einem Hackathon zu Geschäftsmodellen mit ChatGPT seinen späteren Mitgründer Marcus kennen. Der ist der Einzige, der sich auf Pauls Idee meldet, einen Podcast mit KI zu gestalten. Die beiden verwerfen die Idee aber bald und entschließen sich dafür, mit ChatGPT personalisierte Kinderbücher zu kreieren. Im Vierstunden-Slot des Hackathons entwerfen sie ein erstes MVP (hier: minimum viable product/etwa: "minimal brauchbares Produkt"), ein digitales Kinderbuch. Die beiden sind sich einig, dass sie KI-Modelle für alle Geschäftsprozesse einsetzen werden, für das Produkt, von der Bestellung bis zum druckfertigen PDF, aber auch für die Webseite und die Betreuung der Social-Media-Kanäle und die Umsetzung des Kundenfeedbacks. Die Entwicklung der KI-Modelle schreitet so rapide voran, dass es eine ihrer wichtigsten Aufgaben sein wird, die bestehenden Systeme ständig zu aktualisieren und wenn nötig, zu ersetzen.
Danke für alles, Mama
Marcus, quasi schon ein "alter" Hase im Startup-Business, hat bereits ein Unternehmen gegründet und verkauft (Mate of Steel). Zusammen gründen er und Paul DreamyTales.
Ziemlich schnell wird bei allem Potential der Idee klar, dass die Kunden physische Produkte haben wollen. Zunächst hat Paul einen eigenen Drucker im Büro, druckt aus, schneidet, locht und bindet. Doch das Produkt ist zu erfolgreich, Marcus meint, es sei jetzt der Zeitpunkt "aufs Gas zu drücken". Es geht in einen Copyshop, doch schon bald reicht auch das nicht mehr und Druck und Versand werden an eine Druckerei in Deutschland ausgelagert. Von Kinderbüchern verlagert sich der Fokus ziemlich schnell auf Bücher für Erwachsene. "Eure Liebesgeschichte" ist Paul und Marcus zufolge der Verkaufsschlager, außerdem ergänzen Titel wie "Danke für alles, Mama" oder "Beste Freunde - Durch dick und dünn" das Angebot des jungen Unternehmens.
Text: Juri Küstenmacher
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