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Dirk Schreiber: Gekommen aus dem Siegerland

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Montag, 9. Dezember 2024

„Drüsch“, also „trocken“, soll er sein, der Siegerländer. Behauptet zumindest der Kölner über die Ureinwohner jener waldreichen, von Rothaargebirge und Westerwald umschlossenen Gegend im Südosten NRWs. Von Dirk Schreiber, obwohl Siegerländer durch und durch, wird das niemand sagen wollen. Wer dem Professor für Betriebswirtschaftslehre begegnet, findet so gar nichts wieder von dem Bild des wortkargen und mürrischen Sturkopfs, das der Kölner wider besseres Wissen gerne zeichnet.

Abgesehen vielleicht von dem Dialekt mit seinem rollenden „R“, der bei Schreiber durchscheint, wenn er eine seiner zahllosen Anekdoten und hübschen kleinen Geschichten zum Besten gibt.

Am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule ist Schreiber eine feste Größe. Seit dem Jahr 2000 ist er Professor für Informationsmanagement. Er war viele Jahre Dekan und Prodekan des Fachbereichs, sein Name ist außerdem verbunden mit dem Institut für Verbraucherinformatik und dem Institut für Management. Vor der Berufung an die Hochschule hat er mehrere Jahre als IT-Berater, Projektmanager und Bereichsleiter in der mittelständischen Industrie sowie bei einem Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche gearbeitet. Studiert hat er Betriebswirtschaftslehre an der Universität Siegen, wo er auch promoviert wurde. Dass es aus der Berufstätigkeit in der Wirtschaft in die Hochschullehre gehen würde, daran habe er zu jener Zeit „nicht mehr gedacht“. Dabei hatte der junge Dirk Schreiber, obwohl aus einer Kaufmannsfamilie stammend, eine Affinität zum Lehrerberuf. Doch angesichts des damaligen Überangebots an ausgebildeten Lehrkräften entschied er sich für das BWL-Studium und wählte früh Statistik und Wirtschaftsinformatik als Schwerpunkte. Dem Ruf an die H-BRS folgte Schreiber dann gerne, behielt aber seinen Wohnsitz im geliebten Siegerland – und so ist es noch heute.

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Dirk Schreiber, Professor für Informationsmanagement am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Foto: Juri Küstenmacher

Als junger Professor an einer jungen Hochschule

Die H-BRS war zu der Zeit eine junge Hochschule, und der frisch berufene Professor war es auch. Er zog daraus die Konsequenz, mit Krawatte zu erscheinen, damit alle sehen: „Hier kommt der Dozent“. Dafür kannte er die Musik jener Studierendengeneration und, wie er gerne sagt, die „Cocktailmischgetränke“. Heute meint Schreiber im Rückblick, dass ihn die Arbeit mit den Studierenden „jung und fit“ gehalten habe. Und man glaubt es gerne, wenn man ihn ideensprühend erzählen hört über Digitalisierung, Projektmanagement, sein neues Buch oder das jährlich im Sommer stattfindende Fußballspiel zwischen Lehrenden und Studierenden am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Mit ein „bisschen Wehmut“ und einem gewissen Stolz blickt der Professor auf die mehr als 200 Abschlussarbeiten zurück, die er in den vergangenen 15 Jahren betreut und kürzlich anlässlich des Auszugs aus dem Büro der Fachbereichsleitung aus dem Regal geräumt hat. „Es stecken Stunden von Gesprächen darin“, sagt er, „und es ist die Materialisierung der geistigen Arbeit. Wir merken es ja nicht immer so unmittelbar, was wir produzieren.“ Und es erstaunt auch nicht, dass die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten bei ihm fast schon als Hobby erscheint und er sich auf die „nächsten 200 Arbeiten“ freut. Besonders interessant findet er solche Arbeiten, die thematisch nicht exakt seinem Fachgebiet entsprechen: „Weil ich hier einiges für mich lernen kann.“

Der Mensch im Mittelpunkt der Informationstechnologie

Dass seine Arbeit ihn jung und fit gehalten hätte, führt Schreiber auch auf sein Fachgebiet – die Wirtschaftsinformatik – zurück. Für ihn ist es ein Glück, an einer so umfassenden Entwicklung wie der Digitalisierung teilhaben zu können. Er vergleicht die immer weiter fortschreitende Digitalisierung mit der industriellen Revolution und findet es „toll, ein kleines bisschen mitmachen zu können“. Er sieht auch die Schattenseiten, ist aber vor allem immer wieder „baff erstaunt, was alles möglich ist.“ Schreibers Ansatz ist es, den Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Aus seiner Sicht sind digitale Technologien immer nur so gut, wie das Zusammenspiel mit den sie bedienenden Menschen funktioniert. Genau diese Fragestellung ist das Thema des Instituts für Verbraucherinformatik, das Schreiber zusammen mit Alexander Boden und Gunnar Stevens 2021 gegründet hat. Das Institut untersucht, wie digitale Technologien schon jetzt unseren Alltag prägen und wie sie die Gesellschaft der Zukunft beeinflussen werden. Es geht dabei um Fragen des digitalen Konsums, des Verbraucherschutzes und der digitalen Souveränität. Die Kombination von Informatik und Verbraucherwissenschaften ist deutschlandweit einzigartig.

Ein sicherlich sehr willkommener Nebeneffekt des Instituts ist, dass es eine enge Zusammenarbeit mit der Universität Siegen gibt. Denn bei aller Verschrobenheit, die Schreiber dem Siegerland und sich selbst zugesteht, fühlt er sich dort bestens aufgehoben. Er schätzt es, zu Fuß in einer Viertelstunde im Wald sein können, und lobt das heimische Bier als überdurchschnittlich. Nur fußballerisch hat es den sportbegeisterten Siegerländer zu Borussia Mönchengladbach verschlagen (das hat er mit H-BRS-Präsidentin Marion Halfmann gemeinsam). Wobei er selbst einräumt, dass man es mit dieser Lieblingsmannschaft hier „nicht so leicht“ habe.  Andererseits haben ihm die Dekanns-Kolleginnen und -Kollegen zum Abschied die große Borussia-Mönchengladbach-Chronik geschenkt, was ihn sehr gerührt habe. Aber warum die Liebe für diesen Verein jenseits des Rheins, in einer ganz anderen Ecke NRWs? Das soll er am besten selbst erzählen. Macht er gerne und gut, wortkarg und drüsch geht anders.

 

Text: Martin J. Schulz

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