Internationales Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE)
Neue Impulse für Nachhaltigkeit: Professorin Helmsmüller verstärkt das Direktorium des IZNE
IZNE: Herzlich willkommen Frau Helmsmüller und herzlichen Glückwunsch zur neuen Position im IZNE!
Simona Helmsmüller: Dankeschön, ich freue mich hier zu sein.
IZNE: Sie übernehmen ab diesem Wintersemester die Rolle eines Direktoriumsmitglieds am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE). Wie kam es dazu, und was hat Sie dazu bewogen, diese Position zu übernehmen?
Helmsmüller: Die Arbeit des IZNE verfolge ich schon lange, da ich im Bereich Soziale Sicherung im Globalen Süden lehre und forsche, also international unterwegs bin und mich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftige, speziell der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit. Seit dem Wintersemester 2023 werde ich über das PeP@H-BRS Projekt als Schwerpunktprofessorin für den Bereich Nachhaltige Sozialpolitik gefördert und habe somit mehr Freiraum für meine Forschung erhalten. Da kam das Angebot des IZNE ins Direktorium einzusteigen genau zur richtigen Zeit.
IZNE: Sie lehren schon einige Jahre am Fachbereich Sozialpolitik und Soziale Sicherung an der H-BRS. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich in diesem Bereich genau?
Simona Helmsmüller: Ich schaue mir zum Beispiel eine Krankenversicherung in Pakistan an und untersuche die Wirkung auf die Gesundheit der ärmsten Bevölkerung. Thematisch bewege ich mich in einem breiten Spektrum, wobei mein besonderer Fokus auf den Methoden liegt. Von Haus aus bin ich Mathematikerin und Ökonomin und beschäftige mich daher gerne mit Daten. Unseren Studierenden bringe ich statistische Verfahren bei, wobei ich in Vorlesungen, wie Bildungsökonomik oder Economics of Social Protection, auch zeige, wie man diese Verfahren anwendet, um typische Fragen der Sozialpolitik zu beantworten. Dabei geht es hauptsächlich um das Herstellen von Kausalität. Zum Beispiel untersuchen wir, welche Wirkung eine Erhöhung der Sozialhilfe in Südafrika oder ein Trainingskurs zu Entrepreneurship in Indonesien tatsächlich gebracht hat. Das ist nicht so einfach, wie es sich anhört, denn hier spielen ja viele Faktoren eine Rolle. Die Erhöhung der Sozialhilfe mag zu einer Zeit gesamtwirtschaftlicher Stärke erfolgt sein – bei einem Vorher/Nachher Vergleich wüssten wir also nicht, ob beispielsweise eine geringere Arbeitslosigkeit nun aufgrund der Sozialtransfers oder der makroökonomischen Verbesserung erfolgt ist. Die Teilnehmer an Trainingskursen mögen viel motivierter sein, als Menschen, die sich nicht zu solchen Kursen anmelden, und daher auch als Entrepreneur erfolgreicher. Also ist auch ein naiver Vergleich von Interventions- und Kontrollgruppe nicht zielführend. Wir müssen stattdessen sogenannte rigorose Evaluationsmethoden anwenden, also zum Beispiel randomisierte Kontrollstudien. Das kennt man auch aus der Medizin, nur sind solche Studien außerhalb eines Labors nicht so einfach und sozialpolitische Maßnahmen gibt es leider auch nicht in Pillenform. Wir müssen also Methoden passgenau entwickeln und anwenden. Damit beschäftige ich mich in meiner Forschung und bringe diese Methoden meinen Studierenden in der Lehre näher. Dieser Bereich fasziniert mich besonders, da er nicht nur mathematische Exaktheit und Logik erfordert, sondern auch tiefes kontextuelles Verständnis und Einfühlungsvermögen.
„Unseren Studierenden bringe ich statistische Verfahren bei, wobei ich in Vorlesungen, wie Bildungsökonomik oder Economics of Social Protection, auch zeige, wie man diese Verfahren anwendet, um typische Fragen der Sozialpolitik zu beantworten.”
IZNE: Welche gesellschaftlichen Herausforderungen sehen Sie in Ihrem Themenbereich und wie möchten Sie diesen begegnen?
Simona Helmsmüller: Der Klimawandel und dessen Folgen sind schon die überragenden Herausforderungen. Viele Länder, in denen ich forsche, kämpfen mit Fluten, Dürren, Waldbränden und anderen Katastrophen, die die Lebensgrundlage von Menschen zerstören, die eh schon arm waren. Hier spielen soziale Sicherungssysteme eine große Rolle, denn sie können Hilfen schnell zu den Menschen bringen, die sie am dringendsten benötigen. Dabei ist auch die Digitalisierung ein wichtiger Faktor. Viele Länder zeigen diesbezüglich ein enormes Innovationspotential, aber es gibt natürlich viele Hindernisse in der Umsetzung und auch gesellschaftliches Konfliktpotential. Ähnliche Herausforderungen bestehen auch in Deutschland. Es gibt ja durchaus einige gute Ideen, wie wir den Herausforderungen des Klimawandels entgegentreten könnten, doch oft scheitert es an der praktischen Umsetzung, insbesondere unter Berücksichtigung sozialer Gerechtigkeit.
„Viele Länder, in denen ich forsche, kämpfen mit Fluten, Dürren, Waldbränden und anderen Katastrophen, die die Lebensgrundlage von Menschen zerstören, die eh schon arm waren. Hier spielen soziale Sicherungssysteme eine große Rolle, denn sie können Hilfen schnell zu den Menschen bringen, die sie am dringendsten benötigen. ”
IZNE: Bevor Sie ans IZNE kamen, haben Sie schon viele praktische Erfahrungen gesammelt. Können Sie uns etwas über Ihre berufliche Laufbahn erzählen und wie diese Sie auf Ihre neue Rolle vorbereitet hat?
Helmsmüller: Ich habe nach meinem Diplom in Mathematik in der Consultingwirtschaft gearbeitet. Wir haben im Namen öffentlicher Auftraggeber wie der GIZ, der KFW oder auch der EU oder der Weltbank Projekte der Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Dabei war ich auf Mikrofinanzierungsprojekte spezialisiert. Das war sehr spannend und ich durfte viel durch die Welt reisen. Einige Projekte waren toll, bei anderen war der Nutzen für die Zielgruppe aber eher gering. Dies ließ mich daran zweifeln, wie effektiv die internationale Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich ist und ich wollte wissen, wie die Forschung Antworten auf die Frage sucht und welche Erkenntnisse dabei entstanden sind. Das hat mich dann zu meiner Promotion an der Universität Mannheim geführt und seitdem bin ich dem Forschungsbereich treu geblieben. Das Verknüpfen meiner Forschung mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit kam dann erst seit meiner Zeit an der H-BRS. Speziell am Fachbereich 06 betrachten wir eigentlich alle Fragestellungen unter dem Oberbegriff Nachhaltigkeit. Als Ökonomin lag mir natürlich schon immer die ökonomische Nachhaltigkeit nahe. Am Fachbereich Sozialpolitik kam dann die soziale Nachhaltigkeit hinzu. Ich freue mich, am IZNE auch verstärkt mit Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit in Berührung zu kommen - also über den privaten Bereich hinaus, wo uns das ja alle beschäftigt.
Ich freue mich darauf, am IZNE Teil eines interdisziplinären Teams zu sein und Nachhaltigkeit ganzheitlich zu betrachten.
IZNE: Wie sehen Sie Ihre Rolle im IZNE und auf was freuen Sie sich am meisten?
Helmsmüller: Als neues Mitglied des Direktoriums sehe ich meine Rolle im IZNE vor allem darin, die Sozialwissenschaften in der interdisziplinären Zusammenarbeit zu repräsentieren. Ein Vorteil meiner Arbeit ist, dass meine Forschungsmethoden breit anwendbar sind. Am Ende geht es ja immer um die Frage: Welche Wirkung wird außerhalb des Labors erzielt? Und da setzen meine ökonometrischen Methoden an.
Ich sehe meine Rolle aber auch darin, die soziale Dimension der Nachhaltigkeit in den Fokus zu rücken. Ich freue mich besonders darauf, die Brücke zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Fragestellungen zu schlagen und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachbereichen innovative Lösungen zu erarbeiten. Besonders spannend finde ich die Möglichkeit, durch das IZNE neue Perspektiven und Ansätze kennenzulernen, die über meinen eigenen Fachbereich hinausgehen.
IZNE: Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Arbeit im IZNE gesetzt? Gibt es schon konkrete Projekte, die Sie begleiten?
Helmsmüller: Konkrete Forschungsprojekte müssen wir erst noch erarbeiten, aber es gibt bereits einige spannende Ausschreibungen und ich bin zuversichtlich, dass wir bald gemeinsame Forschungsprojekte durchführen werden. Ein wichtiges Ziel für mich ist es, die Sichtbarkeit des IZNE zu erhöhen und den Austausch zwischen den verschiedenen Forschungsbereichen zu intensivieren. Wir werden dafür ein Forschungsseminar wiederbeleben, und mein Ziel ist es, durch gezielte Einladungen auch die vielen Forschungsarbeiten des Fachbereichs Sozialpolitik stärker sichtbar zu machen.
IZNE: Zu guter Letzt: Was treibt Sie persönlich an, sich so intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen? Was ist Nachhaltige Entwicklung für Sie?
Helmsmüller: Nachhaltigkeit bedeutet für mich, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur für die heutigen Generationen, sondern auch für die zukünftigen, und zwar in Deutschland und weltweit. Dabei geht es mir besonders darum, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und sicherzustellen, dass die notwendigen ökologischen und wirtschaftlichen Veränderungen sozial verträglich gestaltet werden. Ich glaube fest daran, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann möglich ist, wenn alle Dimensionen – sozial, ökonomisch und ökologisch – in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Lösungen für diese Herausforderungen zu finden und junge Erwachsene darin auszubilden, empfinde ich als äußerst sinnstiftend. Persönlich motiviert mich die Überzeugung, dass jeder Einzelne von uns die Möglichkeit und die Verantwortung hat, zu einer besseren Zukunft beizutragen. Es treibt mich an zu wissen, dass meine Arbeit in Forschung und Lehre konkret dazu beitragen kann, die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern und gleichzeitig unsere natürlichen Ressourcen zu schützen.
„Ich glaube fest daran, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann möglich ist, wenn alle Dimensionen – sozial, ökonomisch und ökologisch – in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.”
Herzlichen Dank für das aufschlussreiche und spannende Gespräch, Professorin Helmsmüller. Wir wünschen Ihnen einen guten Einstieg und viel Erfolg und Freude in Ihrer neuen Position im IZNE und sind gespannt auf die Impulse, die Sie einbringen werden.
Kontakt
Simona Helmsmüller
Professorin für 'Economics of Social Protection', Direktorin des Internationalen Zentrums für Nachhaltige Entwicklung (IZNE), Studiengangsleitung Master "Social Protection", Schwerpunktprofessur Nachhaltige Sozialpolitik
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