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Tetiana Myska: Mit Mut und Disziplin zum Studienplatz in Deutschland

Hinter Tetiana Myska liegt eine harte Zeit voller Ungewissheiten: Als Russland im Februar 2022 seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete, hatte sie gerade ihr Marketing-Studium an der Universität in Kiew begonnen und plante, nach der Corona-Zeit endlich in den Präsenz-Unterricht wechseln zu können.
Stattdessen gab es ab dem 24. Februar in Fernsehen, Internet und sozialen Medien nur noch ein Thema: den Krieg: „Es gab einfach nur Angst und Panik. Jeder wollte so schnell wie möglich raus aus der Stadt“, erinnert sich Tetiana Myska. Gemeinsam mit ihrer Familie beschloss sie, in die Westukraine zu fliehen – so weit weg wie möglich vom Aggressor im Osten. Da alle Straßen überfüllt waren, machten sie sich auf den Weg zum Bahnhof, wo sie ein Chaos erwartete: „Alles war voller Menschen und wir konnten gar nicht sehen, wann ein Zug kommt und wohin er fährt. Es gab keine Zeitpläne“, sagt Tetiana Myska. Nach zwölf Stunden Fahrt im Stehen kamen die Flüchtenden in der Westukraine an – 300 Kilometer entfernt von ihrem eigentlichen Reiseziel. Die anfängliche Erleichterung hielt jedoch nicht lange an: „Wir dachten in den ersten Tagen noch, der Krieg würde höchstens zwei Wochen andauern und dass unsere Soldaten es schnell schaffen würden, den Angriff abzuwehren“, erinnert sich Tetiana Myska. Doch es kam anders und die junge Frau beschloss, die Ukraine dauerhaft zu verlassen.
Going with the flow
Zu flüchten sei das eine, sagt sie heute, aber wirklich auszuwandern und das ganze Leben zurückzulassen etwas anderes. Das könnten sich viele Menschen nicht vorstellen. Auch aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis seien viele in der Heimat geblieben, erzählt sie. Diese berichteten ihr, dass sie gar keine Zukunftspläne haben. ‚Going with the flow‘ nennen sie es: täglich schauen was passiert und darauf reagieren. Doch für die junge Ukrainerin war das im Jahr 2022 keine Option. Gemeinsam mit einer Freundin floh sie über Polen weiter nach Deutschland: „Es war mein Teenage-Traum, in Europa oder generell im Ausland zu studieren, zu reisen und etwas von der Welt zu sehen“, sagt sie. Das gab ihr schließlich die Kraft, die schwierige Situation als Chance zu sehen.
Über soziale Netzwerke und Mund-zu-Mund-Propaganda landeten die Frauen schließlich in einer Flüchtlingsunterkunft in Weilerswist, wo eine engagierte Mitarbeiterin sie bei der notwendigen Bürokratie unterstützte und half, den ersten Integrations-Sprachkurs beim Jugend-Migrationsdienst zu beginnen: „Ich habe damals gesagt ‚Okay, ich bin jetzt in Deutschland und muss diese Chance nutzen, denn in der Ukraine werde ich in der näheren Zukunft nicht mehr so große Möglichkeiten haben‘“, erinnert sie sich. Innerhalb eines Jahres schaffte sie es ohne Vorwissen bis zum Sprachlevel B1 und lernte zusätzlich viel über deutsche Kultur, Geschichte und Politik.
Sprachkurse für den Einstieg ins Studium
Um ein Studium in Deutschland beginnen zu können, müssen Nicht-Muttersprachler jedoch nachweisen, dass sie auch anspruchsvolle, längere Texte verstehen und sich ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern können. Hier setzt das Programm „NRWege ins Studium“ an, das studierwillige Geflüchtete dabei unterstützt, ein Hochschulstudium zu beginnen. Im Sprachkurs an der TH Köln erreichte Tetiana Myska so das erforderliche Sprachlevel C1. Darüber hinaus absolvierte sie an der H-BRS einen Englisch-Intensivkurs, finanziert unter anderem durch den H-BRS-Notfallfonds, in dem die Hochschule Spenden für Geflüchtete aus der Ukraine sowie die H-BRS Partneruniversität in Tschernihiv sammelt.
Seit dem Wintersemester studiert Tetiana Myska nun Wirtschaftspsychologie am Campus in Rheinbach. Ihre Sprachkenntnisse sind mittlerweile so gut, dass sie sich fließend auf Deutsch unterhalten kann. Dennoch muss sie als Nicht-Muttersprachlerin jederzeit sehr aufmerksam bleiben, um nichts zu verpassen – besonders, wenn viele Fachbegriffe verwendet werden: „Wenn ich einmal kurz aus dem Fenster schaue, verstehe ich nicht mehr, worum es geht. Dann muss ich zu Hause alles nochmal durchgehen und mir die Begriffe nach und nach selbst erklären“, erzählt sie. Für dieses wissenschaftliche Vokabeltraining nutzt sie auch den KI-chatbot chatGPT.
Um sich voll und ganz ihrem Studium und dem weiteren Sprachtraining widmen zu können, unterstützt die H-BRS Tetiana Myska im Programm "Zukunft Ukraine" aktuell mit einem Stipendium. Nach ihrem Abschluss kann sich die Studentin eine Karriere im Bereich Personalmanagement, Marktforschung oder als Coachin vorstellen. Nach Jahren der Ungewissheit hat sie nun wieder eine Perspektive.
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