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President's Office

Editorial: Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft

Die Frage, in welcher Welt wir leben wollen, stellt sich heute nicht mehr nur in der analogen Welt. Das Internet nimmt inzwischen eine so wichtige Rolle ein, dass es – als kulturprägendes Phänomen und wirtschaftliches Gut – zunehmend unsere Lebenswelt prägt und wir unser Zusammenleben immer stärker auch im digitalen Raum gestalten. Damit sind keine futuristischen Szenarien gemeint.
hartmut ihne portraet 201703 foto c. belzer 0821.jpg (DE)

Das Europäische Parlament hat nun der umstrittenen Urheberrechtsreform (unter anderem Artikel 11 und 13) zugestimmt und will hierbei auch Inhalte im Netz weitergehender erfassen. Die Sorge vor den Auswirkungen dieser Richtlinie wurde und wird kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Am 23. März versammelten sich europaweit Menschen zum politischen Protest für den Erhalt digitaler Kulturphänomene von Memes bis YouTube, mit der Forderung nach freier Meinungsäußerung im Netz sowie nach einem fairen Ausgleich für geistiges Eigentum ohne Zensur.

Dieser Protest ließe sich in Bezug auf die Digitalisierung auch an anderer Stelle vorbringen. Immer neue Skandale um unerlaubte Datenverknüpfungen zeigen einen immer stärker werdenden Handlungsbedarf. Den Menschen und Grundrechten muss dringend im digitalen Raum Geltung verschafft werden.

„Das Recht auf Privatfreiheit ist ein Menschenrecht, das es gerade in unseren digitalen Zeiten zu verteidigen gilt.“ Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, unterstreicht dabei die hohe Bedeutung ethischen Handelns für eine zunehmend digital agierende Gesellschaft. Die Verknüpfung unserer analogen mit der digitalen Lebenswelt ist immer auch unter Einhaltung unserer ethisch begründeten Grundsätze zu betrachten. Der ethische Kompass muss auch für unser digitales Handeln Bestand haben. Oder wie es Andreas Weigend, Direktor des Social Data Lab an der Universität Stanford, in einem Interview treffend formuliert: „Daten sind kein Selbstzweck, sondern sie können immer nur helfen, Abläufe zu optimieren oder ein von mir definiertes Ziel zu erreichen.“ Mit welchen Mitteln wir dieses Ziel zu erreichen pflegen, bleibt dabei immer zu hinterfragen.

Um einer IT-/KI-Vertrauenskrise entgegenwirken zu können, braucht es wirkungsvolle Regelungen zur Stärkung eines verantwortungsvollen Umgangs mit unseren Daten sowie für eine freiheitliche und nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft. Es ist daher auch unsere Aufgabe als Hochschule, das Thema der Digitalisierung in Lehre, Forschung und Transfer auch mit ethischen Grundprinzipien zu verknüpfen. Die digitale Transformation kann nur als soziales Projekt gelingen.

Prof. Dr. Hartmut Ihne