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Cassandra Moers: Expertin für Zerreißproben

Cassandra Moers Doktorandin Porträt

Donnerstag, 15. Dezember 2022

„Das ist Friemelsarbeit“, erklärt Cassandra Moers, während sie ein kleines Stück Draht in eine riesige Maschine einspannt, die für einen Laien so aussieht, als hätte man zwei Schraubstöcke übereinander gehängt. Den Blick hält sie konzentriert auf das Stück Metall gerichtet, das sie nun mit Hilfe eines Zahnstochers millimetergenau justiert, bevor sie die Spannbacken der Universalprüfmaschine vorsichtig festdreht.

Moers ist Materialwissenschaftlerin und mit Mitte 20 eine der jüngsten Doktorandinnen der Hochschule. Im Projekt WireLife forscht sie an sogenannten Bonddrähten aus hochreinem Aluminium. Die kleinen Drähte sind maximal einen halben Millimeter dünn und vier Zentimeter lang. In Elektroautos oder bei der Stromwandlung in Photovoltaikanlagen sind sie aber unverzichtbar, um elektrische Leistung zu transportieren.

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Kaum zu erkennen: Der dünne Aluminiumdraht ist in der Mitte gerissen. Foto: Pascal Kimmich

Es sind Versuche wie dieser, die die Grundlage ihrer Forschung bilden. Der Draht ist nun richtig positioniert und die Wissenschaftlerin startet die Messung über einen Knopf am Computer. Mit zwei Millimetern pro Minute zieht die Maschine den eingespannten Draht nun langsam auseinander, mit dem bloßen Auge ist die Veränderung in der Länge kaum zu sehen. Am Bildschirm verfolgt Moers den Fortschritt des Experiments. „Mit dieser Maschine können wir Zug-, Druck- und Biegeversuche durchführen, um herauszufinden, wie der Draht sich unter bestimmter Belastung verhält“, sagt Moers. So möchte sie, gemeinsam mit den anderen Forschenden im Projekt WireLife, möglichst langlebige Aluminiumdrähte entwickeln.

Sorgfalt und Fingerspitzengefühl gefragt

Neben der wissenschaftlichen Expertise erfordert diese Arbeit ein hohes Maß an Sorgfalt und Fingerspitzengefühl. Die dünnsten Metalldrähte sind so fein, dass man sie nicht spürt, wenn man sie zwischen den Fingern hält. Zudem ist das Material sehr weich, schon kleine Erschütterungen oder ein falsches Handling können die Proben für den Versuch unbrauchbar machen. „Für meine Forschungsarbeit ist ein hohes Maß an Akribie und Willensstärke notwendig. Nicht schnell aufzugeben und bei Problemen weiter nach Lösungen zu suchen, ist für mich aber ein sehr wichtiger Teil des Forschens, der mir viel Spaß macht“, sagt Moers.

Die Jungwissenschaftlerin ist bereits seit dem Wintersemester 2014/15 an der Hochschule. Dass sie einmal einen Doktor in den Materialwissenschaften machen würde, war damals noch nicht absehbar. „Ich habe mich in erster Linie wegen der Chemie in den Bachelor Chemie mit Materialwissenschaften eingeschrieben. Der strukturierte Aufbau des Fachs hat mich schon in der Schule fasziniert. Gleichzeitig ist durch die Experimente alles sehr greifbar“, sagt Moers. Erst im Studium kam sie mit den Materialwissenschaften in Berührung, forschte an Kunststoffen und Metallen. 2019 schloss sie das Masterstudium in „Materials Science and Sustainability Methods“ an der H-BRS erfolgreich ab. Durch ihren späteren Doktorvater Christian Dresbach kam sie schließlich mit den Aluminium-Bonddrähten in Kontakt.

Die Begeisterung für das Tüfteln und die Arbeit mit den eigenen Händen wurde der Doktorandin bereits in die Wiege gelegt. Schon als Kind half sie ihrem Vater und ihrem Großvater immer sehr gerne bei handwerklichen Arbeiten. „Mein Opa hat immer viel gewurschtelt. Er bastelt gerne und macht zu Hause fast alles selber“, sagt Moers. Sie habe ihn daher schon früh mit Fragen gelöchert, das sei vielleicht bereits ein erstes Zeichen für ihr späteres Forscherinteresse gewesen. Später im Studium war es dann ihr Großvater, der sich besonders für ihre Arbeit interessierte und ihr viele Fragen stellte.

Dialog und gutes Miteinander sorgen für erfolgreiche Forschung

Der Dialog und das Miteinander spielen auch an der Hochschule eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag der Materialwissenschaftlerin. Die kollegiale Atmosphäre im Fachbereich und in der Forschungshalle K in Rheinbach hebt sie dabei besonders hervor: „Wenn man etwas nicht weiß, dann hat man immer Kollegen, die man fragen kann. Sogar wenn die selbst ganz andere Themen machen, haben sie häufig gute Ideen“, sagt Moers. Für den Job pendelt sie jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aus Niederkassel nach Rheinbach, über zwei Stunden verbringt sie täglich in Bus und Bahn. Zeit für Freizeit, Freunde und Hobbys bleibt daher häufig nur am Wochenende. Wenn immer sie die Möglichkeit hat, zieht es sie dann raus in die Natur. Neben Spaziergängen und Wanderungen schwingt sie sich zum Ausgleich auch gerne auf ihr Fahrrad und macht Tagestouren am Rhein.

Lautlos hat inzwischen der Aluminiumdraht den Kampf gegen die Zugkräfte verloren und ist gerissen. Es hat keine Erschütterung gegeben, keinen Knall, die feine Lücke ist kaum zu sehen. Dennoch ist Cassandra Moers mit dem gelungenen Experiment zufrieden: „Am Ende freut man sich immer, wenn beim Versuch alles funktioniert und das Ergebnis herauskommt, das man erwartet hat“.

 

Text: Pascal Kimmich

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