Kommunikation und Marketing
Patrick Becker: Von der Fähigkeit, sich neu zu erfinden
Nicht weniger als ein Kulturschock sei es gewesen, erinnert sich Patrick Becker. Der Sohn eines Bundeswehrsoldaten hatte die ersten Jahre seiner Schullaufbahn in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. verbracht, nun war die Familie zurück in Deutschland, genauer gesagt in der Gemeinde Ruppichteroth. Mit dem Dorfleben und der deutschen Vereinskultur konnte der Teenager nicht viel anfangen: „In Deutschland war erstmal alles deutlich kleiner, kompakter und spießiger als in den USA. Ich hatte lange Zeit einfach keine Schnittmengen zu meinen Klassenkameraden“, erinnert er sich.
Während die Gleichaltrigen auf dem Fußballfeld gegeneinander antraten, bastelte Becker zu Hause seine ersten Computer zusammen. Damit war er im Deutschland der 1980er-Jahre seiner Zeit voraus: „Damals konnte man ja noch nicht einfach in einen Laden gehen und hatte die Auswahl aus vielen verschiedenen Computern. Wenn man einen Rechner haben wollte, musste man ihn sich selbst zusammenbauen“, erinnert sich Becker heute. Schnell fand er Gefallen daran, so lange zu „frickeln“, bis das Gerät schließlich funktionierte.
Von der Arbeit für die medizinische Forschung in den Rettungswagen
Sein Hobby zum Beruf zu machen, war in den 1990er Jahren zunächst nicht möglich, eine Ausbildung im Bereich Informatik gab es schlicht noch nicht. Eine Lehre in einem dörflichen Handwerksbetrieb kam jedoch nicht in Frage. So begann er schließlich seine Ausbildung zum Kommunikations-Elektroniker in Bonn und nutzte das gewonnene Wissen im Anschluss, um an der Universität Prototypen für die medizinische Forschung zu entwickeln.
Lange blieb Becker jedoch nicht in diesem Beruf. Nach dem Zivildienst im Rettungswagen sattelte er kurzerhand um und wurde Rettungssanitäter. Das sei eben auch spannend gewesen, vor allem die Diagnostik: „Bei jedem Patienten muss man möglichst schnell herausfinden, was seine Beschwerden auslöst. Dabei hilft es, systematisch vorzugehen, Informationen zusammenzutragen und daraufhin eine erste Diagnose zu stellen. Vom Prozedere ist das gar nicht so unähnlich zur Fehlerdiagnose in der IT“, erklärt Becker.
Knapp acht Jahre arbeitete er danach im Rettungsdienst, wo er nach eigener Aussage die ganze Bandbreite an Schicksalen, von ‚nochmal gut gegangen‘ bis zum Tod eines frisch gebackenen Familienvaters erlebte. Becker wechselte schließlich in einen physisch und psychisch weniger fordernden Job. Im Krankentransport fuhr er täglich Patientinnen und Patienten zu ihren Terminen ins Krankenhaus - bis zu einem Morgen im Jahr 2006: „Ich stand an einer Ampel auf dem Weg zum Krankenhaus, schaute aus dem Fenster und dachte mir: Ich muss hier weg und nochmal etwas Sinnhafteres machen. Am nächsten Tag habe ich meine Kündigung eingereicht“, erinnert er sich.
Das System am Laufen halten
Becker absolvierte daraufhin eine Ausbildung zum Fachinformatiker und begann schließlich im Jahr 2008 seine Arbeit an der Hochschule. Heute ist er als Teil des Teams Netzentwicklung dafür zuständig, dass alle Beschäftigten und Studierenden ihrer Arbeit nachgehen können – keine einfache Aufgabe bei einer Institution mit so vielen Nutzern und Endgeräten.
„Durch die Größe wird es auch IT-technisch spannender, weil alles komplexer ist. Außerdem haben Forschung, Verwaltung und Studierende ganz unterschiedliche Anforderungen an die IT, hier treffen gewissermaßen Welten aufeinander. Und über allem steht natürlich die Pflicht, dass alles immer funktionieren muss. “, sagt Becker.
Daneben gehe es auch jeden Tag darum, „die bösen Buben draußen zu halten“, wie der Informatiker es ausdrückt, also die zahlreichen Cyberattacken auf die Hochschulnetze abzuwehren. Dazu soll nun auch ein neues Data Center beitragen, das im Mai auf dem Campus Sankt Augustin errichtet wird. Im Data Center befinden sich die Server, auf denen alle Daten der Hochschulangehörigen gespeichert sind. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat Becker die neuen Räumlichkeiten geplant: „Das bisherige Data Center gibt es bereits seit knapp 20 Jahren. Mit dem neuen Standort können wir unsere Server im laufenden Betrieb modernisieren und an aktuelle Sicherheitsvorgaben anpassen“, sagt Becker.
Kein Platz für Einzelkämpfer
Um den vielfältigen Aufgaben begegnen zu können, sei es wichtig, als Team eng zusammenzuarbeiten: „Es gibt bei uns keinen Platz für Einzelkämpfer. Dafür sind unsere Arbeitsbereiche auch einfach zu komplex. Ohne die Expertise jedes Einzelnen und den ständigen Austausch würde es nicht funktionieren“, sagt Becker.
Um auch in der Zukunft zu sicheren IT-Systemen beizutragen, bildet das Institut für IT-Service (ITS) an der H-BRS auch selbst junge Menschen zu Fachkräften für Systemintegration aus (siehe Infokasten). Technisch betreut werden sie dabei von Patrick Becker, der die Ausbildung in ihrer jetzigen Form ins Leben gerufen hat: „Mit den Auszubildenden an Geräten zu basteln macht einfach Spaß und ist eben etwas ganz anderes, als der sonstige Berufsalltag. Und natürlich ist es auch schön zu sehen, wenn sie dann auf Basis unserer Ausbildung eigenständig Aufgaben erledigen können“, sagt Becker.
Gemeinsamkeit aller Bereiche der IT sei es, dass sich alles sehr schnell verändere und man ständig am Ball bleiben müsse: „Man kann eigentlich nie etwas nach Schema F machen, sondern muss sich alle paar Jahre neu erfinden“, sagt er. Ein Satz, der gleichermaßen auch für Beckers gesamte Karriere gilt.
Text: Pascal Schröder
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