"Journalismus ist Beziehungsarbeit" – Sohiel Partoshoar in der Ringvorlesung

Für Partoshoar ist Community Management mehr als die Moderation von Kommentarspalten in sozialen Medien. Es gehe darum, mit dem Publikum in Kontakt zu treten, ein Gefühl für die Themen, Sorgen und Probleme der Gesellschaft zu bekommen. "Journalismus ist Beziehungsarbeit", sagt Partoshoar, der selbst über Umwege zum Journalismus gekommen ist. Er wünscht sich für den Journalismus ein neues Selbstverständnis. Durch die direkte Verbindung zur Community könne man nicht mehr über deren Köpfe hinweg entscheiden, welche Themen interessant seien. Statt Gatekeeper müsse der Journalismus Gatewatcher und Gateadvisor sein: eine beobachtende Position einnehmen, aber auch als Ratgeber fungieren. Dies sei gerade in Zeiten allgemeiner Verunsicherung, der Nachrichtenmüdigkeit und Polarisierung von Bedeutung: "Wir müssen Krisen handhabbar machen", sagt Partoshoar.

Sohiel Partoshoar sieht die öffentlich-rechtlichen Sender besonders gefordert, wenn es darum geht, mit ihrem Publikum in Kontakt zu treten. "Es gibt einen immer härter werdenden Kampf um die Realitiätsbildung" – nicht nur durch kommerzielle Medienangebote, sondern zunehmend auch durch Privatpersonen auf Social-Media-Plattformen. Um Fake News und Hatespeech etwas entgegenzusetzen, brauche es Inhalte, die Vertrauen schaffen. Für Sohiel Partoshoar gelingt das am besten mit einem community-orientierten Journalismus. Doch die Mühlen mahlen langsam: "Bei der ARD ist Geduld gefragt – und Vertrauen."

Partoshoar hält es deshalb für wichtig, auch Menschen mit ungewöhnlichen Lebensläufen in die öffentlich-rechtlichen Medien einzuninden. Einsteigern rät er, die Schwierigkeiten des Berufs nicht zu unterschätzen: "Community Management ist eine belastende Arbeit." Durch die Omnipräsenz von Social Media sei es aber auch ein Beruf mit Zukunft. "Wir sind permanent im Austausch. Netzwerke bestimmen die Wirksamkeit der Kommunikation", erklärt er.

Ein ausführliches Interview mit Sohiel Partoshoar, in dem er auch Tipps für Berufsanfänger:innen gibt, findet sich im digitalen Magazin Werksgelände.

In der Ringvorlesung "Die Medienmacher:innen" berichten im Wintersemester 2023/24 jeden Mittwoch unter der Leitung von Tanja Köhler, Professorin für digitalen Journalismus und audiovisuelle Medien an der H-BRS, Kommunikationsprofis aus ihrer Berufspraxis. Die Veranstaltung richtet sich nicht nur an Studierende, sondern an alle, die an Medienberufen und deren Veränderung durch die Digitalisierung interessiert sind.